Dr. Michael Pießkalla, Gesine Reisert
Rz. 66
Bei der Frage, ob und inwieweit Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung gegeben ist, wenn nur eine sog. Teildeckung in Betracht kommt, sind verschiedene Fallgestaltungen denkbar.
Rz. 67
In Betracht kommt, dass dem Versicherungsnehmer mehrere Delikte vorgeworfen werden und die Vorwürfe nur teilweise unter Versicherungsschutz stehen. In einem solchen Fall besteht nur anteilige Deckung. Der Umfang richtet sich nach dem Gewicht und der Bedeutung der einzelnen Vorwürfe im Gesamtzusammenhang sowie danach, ob einzelne Verfahrensteile – z.B. ein zweiter Verhandlungstag – wegen des einen oder anderen Deliktes notwendig waren.
Rz. 68
Nach Harbauer ist Versicherungsschutz in der Regel ganz ausgeschlossen bei Gesetzeskonkurrenz zwischen einem nur vorsätzlich begehbaren Vergehen und einer Fahrlässigkeitstat, da die Vorsatztat "meist derart überwiegt", dass die Verteidigung in erster Linie gegen den Vorwurf vorsätzlichen Handelns gerichtet ist und der Vorwurf fahrlässigen Handelns daneben keine selbstständige Bedeutung hat. Ebenso soll nach gleicher Ansicht beim Vorwurf einer in Tateinheit begangenen – nicht gedeckten – Vorsatztat mit einer – gedeckten – Fahrlässigkeitstat der Vorwurf vorsätzlichen Handelns in der Regel als so gravierend bewertet werden, dass das Schwergewicht der Verteidigung gegen diesen Vorwurf gerichtet ist. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Vielmehr kommt es auch in solchen Fällen stets auf die Umstände des Einzelfalles an. Im Übrigen ist die Ansicht vertretbar, dass die Rechtsschutzversicherung in jedem Fall die Kosten zu übernehmen hat, die angefallen wären, oder bei einer Verteidigung lediglich wegen der vom Versicherungsschutz umfassten Tat. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn anzunehmen ist, dass der VN einen Verteidiger beauftragt hätte, auch wenn lediglich der geringere vom Versicherungsschutz umfasste Vorwurf Gegenstand des Verfahrens gewesen wäre. In einem solchen Fall wären von der Rechtsschutzversicherung die Kosten zu übernehmen, und zwar die insgesamt angefallenen Gebühren abzüglich der Mehrkosten, die sich gemäß § 14 RVG im Hinblick auf den weitergehenden Tatvorwurf bzw. Gesamtkomplex ergeben.
Rz. 69
Teilweise Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung kommt auch in Betracht bei einer Teileinstellung des Verfahrens oder bei Teilfreispruch. In diesem Fall hat die Staatskasse nur die auf den Gegenstand des Freispruches oder die Teileinstellung, soweit Kostenerstattung in Betracht kommt, anfallenden Mehrkosten zu erstatten.