Rz. 130
Eine verwaltende, also auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung an einem einzelkaufmännischen Unternehmen ist aber nach der zurzeit h.M. unzulässig. Gemäß Art. 2 Abs. 1 EGHGB gehen die handelsrechtlichen Vorschriften als leges speciales den Vorschriften des BGB vor. Daraus folgt, dass die Führung eines einzelkaufmännischen Unternehmens durch eine nicht persönlich haftende Person nicht denkbar ist.
Rz. 131
Gemäß § 2206 BGB wird bei Eingehung von Verbindlichkeiten durch den Testamentsvollstrecker lediglich der Nachlass verpflichtet. Das heißt: Durch alle Geschäfte, die er im Rahmen der Verwaltung eines zum Nachlass gehörenden Geschäftsbetriebes vornehmen würde, würde nur der Nachlass, nicht aber er selbst und auch nicht die Erben persönlich verpflichtet. Da diese "Haftungslimitierung" durch die "Hintertür" mit den Grundsätzen des Handelsrechts nicht vereinbar ist, muss die bloße Anordnung von Verwaltungs- bzw. Dauertestamentsvollstreckung hinsichtlich des zum Nachlass gehörenden einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmens leerlaufen. Der Testamentsvollstrecker kann daher ein Handelsgeschäft, welches er aufgrund seines – auf erbrechtlichem Weg – erlangten Amtes verwalten soll, nicht fortführen.
Da aber in vielen Fällen ein großes praktisches Bedürfnis besteht, den Fortbestand des Unternehmens durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers zu sichern, muss dieses Ziel auf anderen Wegen erreicht werden. In der Praxis sind deshalb die sog. Vollmachtslösung und die Treuhandlösung entwickelt worden, wobei empfohlen wird, die Auswahl der jeweils anzuwendenden Ersatzlösung dem Testamentsvollstrecker selbst zu überlassen.
a) Die Vollmachtslösung
Rz. 132
Bei der sog. Vollmachtslösung führt der Testamentsvollstrecker das Handelsgeschäft als Bevollmächtigter des bzw. der Erben und somit unter fremdem Namen fort, wobei deren Haftung für neu entstehende Geschäftsverbindlichkeiten unbeschränkbar ist. Die Haftung für Altverbindlichkeiten richtet sich nach §§ 25, 27 HGB.
Die Vollmachtslösung führt dazu, dass die aus handelsrechtlicher Sicht unabdingbare persönliche Haftung des Inhabers des Handelsgeschäfts gewährleistet bleibt; im Übrigen ändert sich aber an den bekannten Vorteilen der Testamentsvollstreckung nichts. So gelten insbesondere die §§ 2211, 2214 BGB auch im Rahmen der Vollmachtslösung.
Der Erbe wird im Handelsregister eingetragen. Verschiedentlich wird die Ansicht vertreten, dass zusätzlich im Handelsregister ein Testamentsvollstreckervermerk aufzunehmen ist. Ein solcher Testamentsvollstreckervermerk im Handelsregister ist jedoch mit der h.M und Rspr. abzulehnen, denn dies würde zu Unsicherheit im Rechtsverkehr führen, da die Erben nun mal als Nachfolger im Handelsregister eingetragen sind und der Rechtsverkehr nach § 15 Abs. 2 HGB darauf vertrauen darf, dass sämtliche Rechtsgeschäfte für und gegen die Erben abgeschlossen werden. Der Testamentsvollstrecker benötigt für sein Tun eine eigene Vollmacht des Erben. Ein bereits erteiltes Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB ist dafür nicht ausreichend, da es keine durch die Erben selbst erteilte Legitimation darstellt, sondern nur allgemein den Testamentsvollstrecker legitimiert.
Rz. 133
Damit diese Variante gelingen kann, ist es notwendig, dem Testamentsvollstrecker auch tatsächlich die erforderlichen Vollmachten zu erteilen. Dies sollte durch entsprechende Anordnungen (Bedingungen oder Auflagen) in der Verfügung von Todes wegen sichergestellt werden. Der Testamentsvollstrecker wird dadurch in die Lage versetzt, die Vollmachtserteilung und Zustimmung im Klagewege geltend machen zu können nach § 2208 Abs. 2 BGB. Der Erbe muss bei dieser Lösung die persönliche Haftung als testamentarische Bedingung oder Auflage in Kauf nehmen, sofern er die Erbschaft nicht nach § 1944 BGB ausschlägt oder das Unternehmen auf eine GmbH übertragen wird. In der aktuellen Literatur wird deshalb mehr und mehr die Vollmachtlösung abgelehnt.
Daneben sollten Vorkehrungen getroffen werden, dass nicht einzelne Erben neben dem mit der Geschäftsführung beauftragten und entsprechend bevollmächtigten Testamentsvollstrecker selbst in die Leitung des Unternehmens eingreifen und so den Sinn und Zweck der Testamentsvollstreckung unterlaufen.
Rz. 134
Dies könnte z.B. dadurch erreicht werden, dass den Erben zur Auflage gemacht wird, eine unwiderrufliche Vollmacht – bis zur Beendigung des Testamentsvollstreckeramtes – zu erteilen und zu bestimmen, dass die Erben ein eigenes Tätigwerden zu unterlassen haben. Allerdings bestehen hinsichtlich der Wirksamkeit einer solchen "ausschließenden" Vollmacht erhebliche Bedenken.
Rz. 135
Im Hinblick auf § 138 BGB müssen die Befugnisse des Testamentsvollstreckers hinsichtlich des Umfangs der Vollmacht eng umrissen werden. Dem du...