I. Allgemeines
Rz. 123
Gemäß § 2219 BGB haftet der Testamentsvollstrecker, soweit ihm Verschulden zur Last fällt, für den den Erben bzw. Vermächtnisnehmern aus einer Verletzung seiner Verpflichtungen entstehenden Schaden. Sind mehrere Testamentsvollstrecker bestellt, haften sie als Gesamtschuldner. § 2219 BGB ist im Verhältnis zwischen den Erben bzw. Vermächtnisnehmern und dem Testamentsvollstrecker die einzige gesetzliche Haftungsgrundlage. Andere, etwa vertragliche Haftungsansprüche bestehen regelmäßig nicht, es sei denn, dass eine Haftung nach den allgemeinen Regeln der §§ 823 ff. BGB in Betracht kommt.
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2219 BGB vor, droht dem Testamentsvollstrecker als weitere – selbstständig neben der Haftungsverpflichtung stehende – Sanktion die Entlassung aus seinem Amt (§ 2227 BGB). Im umgekehrten Fall rechtfertigen aber die in § 2227 BGB genannten "wichtigen Gründe" nicht immer einen Haftungsanspruch. Dabei ist zu beachten, dass der Vermächtnisnehmer immer nur einen Haftungsanspruch gegen den Testamentsvollstrecker hat, nicht auch gegen den Erben, wenn bei der Erfüllung des Vermächtnisanspruches eine Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstrecker erfolgt ist.
Rz. 124
Es handelt sich bei § 2219 BGB aber keinesfalls um eine Strafvorschrift. Dennoch muss sich der Testamentsvollstrecker der Gefahr ausgesetzt sehen, im Falle einer Inanspruchnahme für durch ihn verschuldete Vermögensschäden mit seinem gesamten Vermögen einstehen zu müssen. Dies kann, vor allem wenn der Testamentsvollstrecker nicht durch eine Berufshaftpflichtversicherung abgesichert ist, dazu führen, dass seine Verwaltungstätigkeit durch ein ausgeprägtes Sicherheitsdenken gekennzeichnet ist. Gerade bei Nachlässen, die zum großen Teil aus Wertpapieren oder ähnlichen Anlageformen bestehen, wird aber eine zu geringe Risikobereitschaft weder vom Erblasser gewollt, noch für die Erben und Vermächtnisnehmer wirklich vorteilhaft sein. Gleiches gilt für einen durch den Testamentsvollstrecker fortzuführenden Geschäftsbetrieb, insbesondere dann, wenn sich dieser in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Eine Haftung der kontoführenden Bank für eine Veruntreuung des Testamentsvollstreckers ist nur anzunehmen, wenn gegen diese massive Verdachtsmomente vorliegen.
II. Keine Befreiung durch den Erblasser
Rz. 125
Eine Befreiung von der Haftungsverpflichtung gemäß § 2219 BGB durch Anordnung des Erblassers in seiner letztwilligen Verfügung ist aber wegen des in § 2220 BGB statuierten Verbots nicht möglich. Ebenso wenig kann der Erblasser die Haftung des Testamentsvollstreckers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit oder in irgendeiner anderen Art und Weise beschränken.
III. Haftungsvereinbarung zwischen Erben und Testamentsvollstrecker
Rz. 126
Möglich und aus der Sicht des Testamentsvollstreckers unbedingt zu empfehlen ist aber eine entsprechende Vereinbarung zwischen ihm und den Erben bzw. den Vermächtnisnehmern. Eine Möglichkeit, diese zum Abschluss einer solchen Vereinbarung mit dem Testamentsvollstrecker zu zwingen, besteht indes weder für ihn selbst noch für den Erblasser. Alle hierauf gerichteten Erblasseranordnungen, wie z.B. Strafklauseln zu Lasten von Erben oder Vermächtnisnehmern, die der Haftungsbeschränkung nicht zustimmen, wären als Versuch der Umgehung des § 2220 BGB unwirksam. Der Testamentsvollstrecker könnte sich hierauf nicht berufen.
Es ist daher jedem potenziellen Testamentsvollstrecker dringend anzuraten, vor der Annahme des Amtes seine Haftung durch vertragliche Vereinbarung mit den Erben und Vermächtnisnehmern auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu beschränken; die Vereinbarung eines völligen Haftungsausschlusses wird nicht erwartet werden können. Für den Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater als Testamentsvollstrecker ist dabei stets auch zu prüfen, ob die vorhandene Vermögensschadenshaftpflichtversicherung über die notwendige Deckungshöhe verfügt.