1. Nacherbentestamentsvollstreckung
Rz. 36
§ 2222 BGB sieht vor, dass der Testamentsvollstrecker im Falle der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft für die Dauer der Vorerbschaft die Rechte des Nacherben wahrnehmen kann (vgl. § 11 Rdn 70 ff.).
Rz. 37
Da der Vorerbe zu einer Vielzahl von Verfügungen über Nachlassgegenstände, die oftmals für eine sinnvolle Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind, der Zustimmung der Nacherben bedarf, bedeutet es für ihn eine ungeheure Erleichterung, wenn die Rechte und Pflichten der Nacherben durch einen Testamentsvollstrecker wahrgenommen werden. Dies hat unter anderem den Vorteil, dass die Rechte und Pflichten einer größeren Anzahl von Nacherben einheitlich ausgeübt werden. Außerdem bedarf die Zustimmung des Testamentsvollstreckers zu sämtlichen Rechtsgeschäften des Vorerben unter keinen Umständen einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung, selbst wenn der durch den Testamentsvollstrecker vertretene Nacherbe minderjährig oder sonst in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sein sollte. Ist eine Testamentsvollstreckung für den Nacherben vor Eintritt des Nacherbfalls nach § 2222 BGB angeordnet, so ist dies zusammen mit dem Nacherbenvermerk im Grundbuch einzutragen.
Rz. 38
Aus dem eben Gesagten sowie der Formulierung des § 2222 BGB wird deutlich, dass die Anordnung der Nacherbentestamentsvollstreckung nicht etwa eine Belastung des Vorerben, sondern des bzw. der Nacherben bedeutet.
Rz. 39
Auch wenn es sich bei der Nacherbentestamentsvollstreckung in erster Linie um einen Vorteil für den Vorerben und eine Belastung für den Nacherben handelt, ist es nach h.M. nicht möglich, den alleinigen Vorerben zum Testamentsvollstrecker für den Nacherben zu bestellen. Die Bestellung eines Mit-Vorerben soll jedoch zulässig sein. Auch sie ist aber aus den gleichen Gründen, die zur Unzulässigkeit der Ernennung des alleinigen Vorerben führten, nicht zu empfehlen. Einerseits befände sich der Vorerbe als Testamentsvollstrecker stets in einem Widerstreit der Interessen. Andererseits würde eines der Hauptziele der Testamentsvollstreckung für den Nacherben, nämlich die Überwachung des Vorerben, leer laufen. Der Nacherbe wäre dem Willen des Vorerben ausgeliefert. Vgl. Muster § 11 Rdn 73.
2. Testamentsvollstreckung für den Vorerben
Rz. 40
Neben der im Gesetz geregelten Variante besteht aber auch die Möglichkeit, nicht die Nacherben, sondern den Vorerben durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung in der Weise zu belasten, dass nicht er selbst, sondern nur der Testamentsvollstrecker über den Nachlass verfügen darf. Diese Testamentsvollstreckung für die Vorerbschaft ist vor allem in solchen Fällen erforderlich, in denen der Nachlass vor dem Zugriff von Eigengläubigern des Vorerben geschützt werden muss. Es ist auf diese Weise möglich, gleichzeitig die Nachlass-Substanz zu erhalten und dem Vorerben ein adäquates Auskommen durch regelmäßige Auskehrung der Erträgnisse zu sichern.
Rz. 41
Muster 17.6: Testamentsvollstreckung für den Vorerben
Muster 17.6: Testamentsvollstreckung für den Vorerben
Für die Zeit der Vorerbschaft ordne ich für den Erbteil von _________________________ Testamentsvollstreckung auf die Dauer von _________________________ an. Der Testamentsvollstrecker ist Verwaltungstestamentsvollstrecker. Ihm werden alle Befugnisse erteilt, die ihm nach dem Gesetz eingeräumt werden können, allerdings mit der Maßgabe, dass er die jährlichen Reinerträge des Erbteils an den Vorerben auszukehren hat. Zum Testamentsvollstrecker bestimme ich _________________________, ersatzweise für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker vor oder nach Antritt des Amtes entfällt, soll das Nachlassgericht einen geeigneten Testamentsvollstrecker bestimmen.
Rz. 42
Auch bei der Testamentsvollstreckung für die Vorerbschaft handelt es sich um eine Form der Dauer- bzw. Verwaltungstestamentsvollstreckung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass nach neuerer Ansicht der Testamentsvollstrecker keine stärkere Rechtsstellung haben kann, als sie der Vorerbe selbst hätte, wenn keine Testamentsvollstreckung angeordnet wäre. Das heißt: Den Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB unterliegt der Testamentsvollstrecker nur dann nicht, wenn auch der Vorerbe von ihnen befreit ist.
Rz. 43
Nach bislang herrschender Meinung sollten die Befugnisse des Testamentsvollstreckers lediglich gemäß § 2205 S. 3 BGB beschränkt sein. Den Beschränkungen des Vorerben sollte er hingegen nicht unterliegen. Die Grundlage dieser Ansicht bildete vor allem die Entscheidung RG JW 1938, 1454, der aber, wie die Kritiker betonen, der Fall eines befreiten Vorerben zugrunde lag. Wegen dieser derzeit nicht endgültig geklärten Rechtslage ist zu empfehlen, den Vorerben in dem Umfang zu befreien, in dem dies für die Verwaltungstätigkeit des Testamentsvollstrecke...