Rz. 171
Die Neugründung eines einzelkaufmännischen Unternehmens oder einer Personen- bzw. Kapitalgesellschaft durch den Testamentsvollstrecker ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass dadurch keine über den Nachlass hinausgehenden Verpflichtungen für die Erben entstehen. Wegen des handelsrechtlichen Grundsatzes der unbeschränkten und – von den handelsrechtlichen Möglichkeiten abgesehen – unbeschränkbaren Haftung darf der Testamentsvollstrecker nur solche Verpflichtungen eingehen, deren Erfüllung mit Nachlassmitteln gewährleistet werden kann. Allein schon wegen der in diesem Bereich vorprogrammierten Nachweisschwierigkeiten, kann ihm hiervon nur abgeraten werden. Vorstellbar ist in diesem Zusammenhang ohnehin nur der Erwerb einer Kommanditbeteiligung oder die Beteiligung an bzw. die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wobei aber eine aus Nachlassmitteln nicht erfüllbare Nachschusspflicht bzw. Differenzhaftung ausgeschlossen sein müsste.
Zur Herbeiführung von satzungsändernden Gesellschafterbeschlüssen, etwa zur Durchführung einer Umwandlung, ist der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Verwaltungsbefugnis normalerweise berechtigt, soweit hierdurch keine weitergehende Verpflichtung der Erben herbeigeführt wird. Eine Umstrukturierung des Unternehmens ist somit durch nach dem Umwandlungsgesetz zulässige Maßnahmen möglich, wenn und soweit der Testamentsvollstrecker hierzu nicht den Kernbereich der Beteiligung antasten muss. Zu beachten ist einschränkend, dass bei einer Verschmelzung oder Spaltung auf eine bestehende GmbH nach § 51 Abs. 1 S. 1 und 3, § 125 UmwG i.V.m. § 24 GmbHG aufgrund der Ausfallhaftung, die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter bzw. aller in der Gesellschafterversammlung anwesenden Gesellschafter erforderlich ist. Gleiches gilt auch für eine Verschmelzung zwischen zwei GmbHs oder einer GmbH-Spaltung. Da in diesem Fall eine Haftung des Erben begründet werden kann, die über den Nachlass hinausgeht, ist die Zustimmung des Erben dafür erforderlich. Der Testamentsvollstrecker ist also zwingend gefordert, die Zustimmung der Erben zu einer solchen Beschlussfassung sicherzustellen. Beide müssen in der Gesellschafterversammlung für den Erben-Geschäftsanteil die Stimme gemeinsam abgeben.
Die Probleme ergeben sich hier in erster Linie bei OHG-Beteiligungen bzw. bei voll haftenden Kommanditgesellschaften (Komplementäranteil), da in diesen Fällen nach h.M. die Testamentsvollstreckung an der "Ziel-Beteiligung" nur in dem Maße zulässig sein soll, in dem sie auch an dem ursprünglichen OHG-Anteil bzw. an dem Komplementäranteil zulässig war.
Praxishinweis
Ist eine starke Stellung des Testamentsvollstreckers bei der Verwaltung von Betriebsvermögen gewollt, so sollte das Unternehmen auf jeden Fall bereits vor dem Erbfall in die Form einer Kapitalgesellschaft gekleidet werden. Hier wirken sich die Differenzen der Haftungsmodelle im Handels- und Erbrecht am wenigsten nachteilig aus. Umstrukturierungsmaßnahmen sollten auf jeden Fall zu Lebzeiten des Inhabers des bzw. der Unternehmen vorgenommen werden. Allein schon die Ausstattung des Testamentsvollstreckers mit den erforderlichen Befugnissen stellt, da hier stets der Kernbereich der betroffenen Beteiligungen betroffen sein wird, eine unüberwindbare Hürde dar.