I. Verträge zwischen nahen Angehörigen – Grundsätzliches
Rz. 47
Im Hinblick darauf, dass gegensätzliche wirtschaftliche Interessen (wie unter fremden Dritten) beim Abschluss von Verträgen zwischen nahen Angehörigen oftmals fehlen, ist die steuerliche Anerkennung von unter Familienangehörigen geschlossenen Verträgen (auch Gesellschaftsverträgen) nicht immer gesichert.
Rz. 48
Aus steuerlicher Sicht muss ausgeschlossen sein, dass solche Verträge ungeachtet ihres äußeren Erscheinungsbildes, das auf eine geschäftliche Beziehung der Gesellschafter hindeutet, de facto im Wesentlichen auf die Erzielung steuerlicher Vorteile gerichtet sind. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist daher grundsätzlich, dass die Verträge zwischen nahen Angehörigen ernsthaft gewollt, zivilrechtlich wirksam abgeschlossen und auch tatsächlich durchgeführt werden. Außerdem stellt sich vielfach die Frage der Angemessenheit der Gewinnverteilungsabrede bzw. etwa vereinbarter Vergütungen, die (auch der Höhe nach) einem Fremdvergleich standhalten müssen. Die zwischen den beteiligten Gesellschaftern getroffenen Regelungen müssen klar und eindeutig sein. Darüber hinaus sollten die Verträge schriftlich abgefasst werden.
1. Zivilrechtlich wirksamer Abschluss
Rz. 49
Dass die im Gesellschaftsvertrag einer Familiengesellschaft enthaltenen Regelungen von den Beteiligten ernsthaft gewollt werden, wird man im Hinblick auf die mit der Implementierung der Gesellschaft verfolgten (insbesondere auch außersteuerlichen) Zwecke im Regelfall unterstellen können. Für die Prüfung der steuerlichen Anerkennung ist daher zunächst nach der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Vertragsschlusses zu fragen. Auf diese sollte zwar selbstverständlich auch aus außersteuerlichen Gründen gesteigerter Wert gelegt werden, um eine tatsächliche Bindung der beteiligten Gesellschafter zu erreichen. Allerdings zeigt die Praxis, dass gerade im Bereich der Wahrung etwaiger Formerfordernisse sowie bei der Beteiligung Minderjähriger erhebliche Risiken bestehen.
Rz. 50
Besondere Vorsicht ist dann geboten, wenn minderjährige Kinder gemeinsam mit ihren Eltern oder Großeltern ein Gesellschaftsverhältnis eingehen sollen. Bei der Begründung der Gesellschafterstellung im Rahmen der Gründung der Gesellschaft ist ebenso wie bei der schenkweisen Beteiligung der Minderjährigen deren Vertretung durch einen familiengerichtlich bestellten Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) erforderlich, da die Eltern für den Abschluss von Rechtsgeschäften mit sich selbst bzw. mit einem Angehörigen, der in gerader Linie mit einem Elternteil verwandt ist, die Kinder nicht vertreten können, es sei denn, das Geschäft wäre ausschließlich rechtlich vorteilhaft. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages ist aber grundsätzlich nie ausschließlich rechtlich vorteilhaft.
Rz. 51
Dasselbe gilt für die schenkweise Beteiligung an einer Personengesellschaft oder GmbHs (vgl. auch § 12 Rdn 29). Lediglich für den Fall der Schenkung von Aktien ist eine wirksame Begründung der Gesellschafterstellung ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers (wohl unstreitig) möglich. Im Hinblick auf KG-Beteiligungen zeichnet sich zwar eine deutliche Tendenz der Obergerichte ab, ein Pflegebedürfnis ebenfalls zu verneinen, höchstrichterlich gesichert ist dies aber (noch) nicht. Vor diesem Hintergrund muss man für die Praxis nach wie vor davon ausgehen, dass die Bestellung eines oder mehrerer Ergänzungspfleger wenigstens beim zuständigen Familiengericht angeregt werden sollte (vgl. zum Ganzen ausführlich § 12 Rdn 33).
Rz. 52
Neben der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers ist – jedenfalls bei der Aufnahme des Kindes in eine nicht ausschließlich vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft – zusätzlich die familiengerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB erforderlich. Fehlt diese, wird das Kind zivilrechtlich betrachtet nicht Gesellschafter; dies schließt auch die steuerliche Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses aus. Das gilt – entgegen der Behandlung bei anderen Vertragsverhältnissen – auch dann, wenn die vertraglichen Vereinbarungen ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Unwirksamkeit tatsächlich durchgeführt werden. § 41 Abs. 1 S. 1 AO wird auf Familiengesellschaften in diesen Fällen nicht angewendet.