Rz. 35

Auch hier gilt der unterhaltsrechtliche Grundsatz, dass eine selbst herbeigeführte Verminderung der Leistungsfähigkeit nach Treu und Glauben unbeachtlich ist, wenn die betreffende Person unterhaltsrechtlich verantwortungslos oder zumindest leichtfertig gehandelt hat. Regelmäßig liegt daher eine unterhaltsrechtliche Obliegenheitsverletzung mit der Folge des Ansatzes der bisherigen höheren Einkünfte vor.[55] Auch die Inanspruchnahme eines Sabbatjahrs beseitigt nicht die Leistungsfähigkeit.[56]

 

Rz. 36

 

Praxistipp:

Auch Modelle einer flexiblen Verteilung der Arbeitsleistung innerhalb eines Betriebes (Zeitkonto) und der Lebensarbeitsleistung (z.B. Zeitwertpapiere) erlangen zunehmend Bedeutung.[57] Dies ändert aber grundsätzlich nichts an der Maßgeblichkeit der gesetzlich definierten Regelaltersgrenze für das Unterhaltsrecht.
Die unterhaltsrechtlichen Auswirkungen werden jedoch bei der Entscheidung, von einer solchen Möglichkeit Gebrauch zu machen, nicht immer ausreichend bedacht. Leider begeben sich die Betroffenen vielfach erst dann in anwaltliche Beratung, wenn diese Entscheidung schon getroffen worden und die Umsetzung schon eingeleitet ist.
 

Rz. 37

Es können allerdings eine Reihe von Ausnahmen greifen:[58]

prägende Wirkung der ehelichen Lebensverhältnisse beim Ehegattenunterhalt,
Abwenden des völligen Verlustes des Arbeitsplatzes,
anerkennenswerte gesundheitliche Gründe und
fortbestehende Leistungsfähigkeit aus anderen Gründen.[59]
 

Rz. 38

Auch die jetzt bestehende Möglichkeit, abschlagsfreie Rente bereits mit 63 Jahren zu bekommen, ändert nichts daran, dass unterhaltsrechtliche die Erwerbsobliegenheit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze besteht.[60]

[55] OLG Brandenburg v. 10.12.2014 – 13 UF 25/12; OLG Saarbrücken v. 5.8.2010 – 6 UF 138/09, FamFR 2010, 562; OLG Koblenz FamRZ 2004, 1573, OLG Hamm NJW 2004, 161 = ZFE 2005, 97; OLG Saarbrücken ZFE 2005, 101; OLG Saarbrücken FamRZ 2007, 1019 = NJW 2007, 520 mit Anm. Eschenbruch; Viefhues, FF 2006, 103 ff.
[56] OLG Schleswig ZFE 2002, 69; OLG Hamm FamRZ 2001, 482, OLG Koblenz FamRZ 2000, 610; Kleffmann, FuR 2001, 49 ff.
[57] Schürmann in AnwK-BGB, 2014, § 1581 Rn 32.
[58] Ausführlich Viefhues, FF 2006, 103, 104; Viefhues, NzFam 2015, 433.
[59] AG Landau FamRZ 2007, 1018.
[60] Hauß, FamRB 2014, 264, 265.

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