Rz. 22
Der Geschäftswert im Erbscheinsverfahren bemisst sich nach dem reinen Nachlasswert im Zeitpunkt des Erbfalls. Vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten werden abgezogen, § 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG.
Rz. 23
Bei der Vertretung eines Miterben im Erbscheinerteilungsverfahren bestimmt sich der Gegenstandswert, der für die Berechnung der Vergütung des Rechtsanwalts zugrunde zu legen ist, nach dem Wert des von dem Vertretenen beanspruchten Erbteils. Abzustellen ist jeweils auf den Reinwert des Nachlasses, d.h. maßgebend ist der Wert nach Abzug der von Erblasser herrührenden Nachlassverbindlichkeiten, § 40 GNotKG.
Bei einem gegenständlich beschränkten Erbschein, § 352c FamFG, berechnet sich die Gerichtsgebühr nach dem Wert des im Inland befindlichen Nachlasses, § 40 Abs. 3 GNotKG.
Rz. 24
Im Beschwerdeverfahren ist das Interesse des Beschwerdeführers maßgeblich. Wendet sich ein vermeintlicher gesetzlicher Miterbe gegen die Erteilung eines Alleinerbscheins zugunsten eines Testamentserben, bemisst sich sein für den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens maßgebliches wirtschaftliches Interesse in der Regel nach seinem Anteil am Reinnachlass.
Bei der Ermittlung des Reinnachlasses als Grundlage für den Gegenstandswert der Beschwerde im Erbscheinverfahren ist die nach Erbfall geschuldete Erbschaftsteuer nicht abzuziehen.
Im Verfahren auf Einziehung des Erbscheins nach § 2361 BGB, § 353 FamFG ist auf den Wert des nach Abzug der vom Erblasser herrührenden Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden Reinnachlasses zur Zeit des Erbfalls abzustellen, § 40 GNotKG. Wird ein Erbschein mit Testamentsvollstreckervermerk eingezogen und ein neuer Erbschein ohne einen solchen Vermerk erteilt, so bestimmt sich der Geschäftswert nach dem vollen ursprünglichen Nachlasswert.
Bei einer Klage auf Herausgabe eines Erbscheins, § 2362 BGB, richtet sich der Streitwert nach dem rechtlichen Interesse, das der Kläger gerade an der Herausgabe im Sinne einer Abwendung der durch den Gebrauch des falschen Erbscheins möglicherweise entstehenden Nachteile, §§ 2366, 2367 BGB, hat.
Rz. 25
Erbunwürdigkeit: Der Streitwert und der Rechtsmittelwert bestimmen sich bei einer Erbunwürdigkeitsklage nach der Beteiligung des Beklagten am Nachlass. Bei dieser Gestaltungsklage bemisst sich der Streitwert allein nach dem Interesse des Klägers an der sich für ihn aus der Erbunwürdigkeit des Beklagten ergebenden Besserstellung. Die Tatsache der Rückwirkung der Erbunwürdigkeitsklage führt nicht dazu, dass der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich wäre, § 4 Abs. 1 ZPO.
Erbvertrag: Der Wert des Vermögens, über das verfügt wird, bildet die Bemessungsgrundlage für den Gegenstandswert.
Haftungsbeschränkung: Eine Haftungsbeschränkung des Erben auf den Nachlass gemäß §§ 780, 781 ZPO, § 1975 ff. BGB vermindert den Streitwert nicht. Entscheidend ist der mit der Klage geltend gemachte Betrag, unabhängig vom "wirtschaftlichen Wert" der Forderung. Wendet sich der Kläger mit der Berufung gegen die ausgesprochene Beschränkung, bemisst sich der Streitwert des Rechtsmittels nach dem Unterschied zwischen dem Anspruch und dem Betrag der voraussichtlichen Befriedigung.
Rz. 26
Nachlasspfleger: Für die Tätigkeit eines als Nachlasspflegers bestellten Rechtsanwalts mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ist ein Stundensatz von 150 EUR angemessen.
Für das Beschwerdeverfahren betreffend die Entlassung des Nachlasspflegers kann der Geschäftswert auf ein Zehntel des Reinnachlasswertes festgesetzt werden.
Nachlassverzeichnis: Der Streitwert bestimmt sich nach dem Interesse des Klägers, wenn die Vorlegung eines Nachlassverzeichnisses begehrt wird.
Teilungsverfahren: Vertritt ein Rechtsanwalt einen Miterben in einem notariellen Nachlassauseinandersetzungsverfahren, so deckt sich die anwaltliche Tätigkeit nicht mit dem Umfang und dem Gegenstand der notariellen Tätigkeit. Der Gegenstandswert kann nur in Höhe des Miterbenanteils angesetzt werden.
Rz. 27
Testamentsvollstreckung: Bei einer Feststellungsklage eines Miterben darauf, dass die Testamentsvollstreckung beendet ist, orientiert sich der Streitwert nicht am Wert des Erbteils; er ist vielmehr nach § 3 ZPO zu schätzen und kann erheblich geringer ausfallen. Bei der Schätzung kann auch der Wegfall der Testamentsvollstreckervergütung als Kriterium herangezogen werden. Der Regelwert beträgt 3.000 EUR. Der Wert kann unterschritten und auf höchstens 500.000 EUR erhöht werden.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Beschwer eines Testamentsvollstreckers beim Streit über das Bestehen und die Reichweite seiner Befugnisse sein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewertendes Interesse an der Abänderung des angefochtenen Urteils maßgebend. Dieses Interesse ist deutlich geringer als das Interesse des Erben an einer vollstreckungsfreien Nutzung des Nachlasses, das nur mit einem Bruchteil des streitbefangenen Vermögens bewertet werden kann, weil dem Testamentsvollstrecker als Treuhänd...