a) Geltendmachung des Pflichtteils im Wege der Leistungsklage
Rz. 256
Der Pflichtteilsberechtigte kann seinen Pflichtteilsanspruch grundsätzlich durch Zahlungsklage geltend machen. Er kann aber auch zuvor Auskunftsklage erheben oder beide Ansprüche durch Erhebung einer Stufenklage miteinander verbinden. Möglich ist auch, dass der Pflichtteilsberechtigte zunächst auf Feststellung einer (Mit-)Erbenstellung und nur hilfsweise auf den Pflichtteilsanspruch (ggf. in Gestalt der Stufenklage auf Auskunft, ggf. Wertermittlung, ggf. eidesstattliche Versicherung und Zahlung des Pflichtteils) klagt. Ein solches Vorgehen bietet sich insbesondere dann an, wenn die Gefahr der Verjährung von Pflichtteilsansprüchen besteht. Klagt der Pflichtteilsberechtigte gleich auf Zahlung, dann sollte er zum einen sicher sein, dass er alle Nachlassgegenstände erfasst hat, und zum anderen sollte er konkrete Anhaltspunkte bezüglich deren Bewertung haben.
b) Geltendmachung des Pflichtteils im Wege der Stufenklage
Rz. 257
Der Pflichtteilsberechtigte geht prozessual am besten im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vor, wenn die positive Aussicht auf einen Zahlungsanspruch feststeht oder wenn sich Verjährungsprobleme stellen könnten. Da der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich keine Kenntnis über den Bestand des Nachlasses hat, ist ihm der Weg über die Stufenklage gestattet. Von der Stufenklage ist abzuraten, wenn ungewiss ist, ob überhaupt ein Zahlungsanspruch besteht und wenn keine Verjährung droht. Für die beratende Praxis sei hier darauf hingewiesen, dass bei getrennter Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsklage die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs stets im Auge zu behalten ist, zumal sich eine Auskunftsklage nicht selten über ein bis zwei Jahre hinzieht.
Rz. 258
Bei der Stufenklage umfasst der Klageantrag in der ersten Stufe die Auskunftserteilung des Erben über den Bestand des Nachlasses (§§ 2314, 260 BGB), in der zweiten Stufe die Wertermittlung, in der dritten Stufe die Abgabe einer Versicherung an Eides statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in der vierten Stufe die Zahlung des sich aus dem Nachlasswert und der Pflichtteilsquote ergebenden Betrags. Die Bezifferung der Forderung kann zunächst offenbleiben. Kündigt der Kläger jedoch nur in der Klagebegründung an, nach erteilter Auskunft einen Antrag auf Zahlung formulieren zu wollen, liegt keine Stufenklage vor.
Hat der Pflichtteilsberechtigte bereits über einen bestimmten Teil des Nachlasses und dessen Wert Kenntnis, so kann er bereits eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils erheben und diese mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils verbinden.
c) Muster: Stufenklage auf Auskunft, Wertermittlung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Pflichtteilszahlung
Rz. 259
Muster 17.21: Stufenklage auf Auskunft, Wertermittlung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Pflichtteilszahlung
Muster 17.21: Stufenklage auf Auskunft, Wertermittlung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Pflichtteilszahlung
An das
Landgericht
_________________________
Klage
des _________________________, wohnhaft _________________________
– Kläger –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________
gegen
_________________________, wohnhaft _________________________
– Beklagter –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________
wegen: Auskunft, Wertermittlung, eidesstattlicher Versicherung und Zahlung des Pflichtteils
Vorläufiger Streitwert: _________________________ EUR
Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage und werde beantragen, den Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen:
1. |
Der Beklagte wird in der ersten Stufe verurteilt, Auskunft über den Bestand und die wertbildenden Faktoren des Nachlasses des am _________________________ in _________________________ verstorbenen Erblassers _________________________ zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses nebst entsprechenden Verträgen und Belegen, welches folgende Punkte umfasst:
▪ |
alle beim Erbfall vorhandenen Sachen, Immobilen und Forderungen – auch solchen gegenüber Betreuern oder Bevollmächtigten des Erblassers (Aktiva), |
▪ |
alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden), |
▪ |
alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat, einschließlich Pflicht- und Anstandsschenkungen, |
▪ |
ehebezogene Zuwendungen sowie Zuwendungen, die unter Nießbrauchs- und Wohnrechtsvorbehalt erfolgten, auch über einen Zehnjahreszeitraum vor Erbfall hinaus, |
▪ |
ungeklärte Zuwendungen und Veräußerungen des Erblassers zu Lebzeiten, deren Umstände es nahelegen, es handele sich wenigstens zum Teil um eine Schenkung, gleich zu welchem Zeitpunkt sie erfolgten, |
▪ |
unter Abkömmlingen ausgleichungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat, |
▪ |
den Güterstand, in dem der Erblasser verheiratet war, |
▪ |
notarielle Erbverzichte, die Pflichtteilsberechtigte gegenüber dem Erblasser erklärt haben. |
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2. |
Der Beklagte wird in der zweiten Stufe verurteilt, den Wert der nach Erteilung der Auskünfte gemäß Klageantrag Ziff. 1 n... |