Rz. 65
Der ordentliche Pflichtteilsanspruch verjährt grundsätzlich in drei Jahren (§ 2332 Abs. 1 BGB a.F.). Diese dreijährige Verjährungsfrist gilt auch für den Pflichtteilsrestanspruch nach §§ 2305, 2307 Abs. 1 S. 2 BGB, den Ausgleichsanspruch nach § 2316 BGB und den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach §§ 2325, 2329 BGB. Spätestens verjähren Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche in 30 Jahren nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F.
Rz. 66
Erforderlich ist generell die Kenntnis des wesentlichen Inhalts der beeinträchtigenden Verfügung. Auch muss der Berechtigte erkannt haben, dass er aufgrund der Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen ist.
Ist der Pflichtteilsberechtigte allein durch eine Verfügung von Todes wegen beeinträchtigt, dann stellt diese Verfügung die Beeinträchtigung dar, auf die sich die Kenntnis beziehen muss.
Besteht die Benachteiligung des Pflichtteilsberechtigten dagegen nur in der Tatsache, dass der Erblasser zu Lebzeiten einen Vermögensgegenstand verschenkt hat, dann handelt es sich bei der beeinträchtigenden Verfügung gerade um diese Schenkung, auf die sich die Kenntnis i.S.v. § 2332 BGB a.F. beziehen muss. Bei mehreren Schenkungen können je nach Zeitpunkt der Kenntniserlangung unterschiedliche Verjährungsfristen zu laufen beginnen.
Rz. 67
Schwierig sind solche Fälle, in denen der Berechtigte sowohl einen Anspruch auf den ordentlichen Pflichtteil als auch auf den Ergänzungspflichtteil hat und er zu unterschiedlichen Zeitpunkten von seiner Berechtigung erfährt. Es stellt sich in solch einem Fall die Frage, welcher Zeitpunkt der Kenntniserlangung als Beginn für die Verjährungsfrist angenommen wird.
Rz. 68
Erfährt der Berechtigte zunächst von einer beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung von Todes wegen, so beginnt der Fristablauf mit dem Zeitpunkt des Erbfalls, also in dem Moment, in dem der Berechtigte vom Tod des Erblassers erfährt. Zu einem späteren Zeitpunkt erlangt er auch noch Kenntnis von einer beeinträchtigenden Verfügung unter Lebenden (Schenkung); zu diesem Zeitpunkt beginnt dann die Verjährungsfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Rz. 69
Liegt der umgekehrte Fall vor, dass der Berechtigte erst von der lebzeitigen Verfügung und dann von der letztwilligen Verfügung Kenntnis erlangt, ist der Beginn der Verjährungsfrist nicht vor Kenntniserlangung der letztwilligen Verfügung anzusetzen. Folglich können die Verjährungsfristen von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu laufen beginnen. Es ist demnach möglich, dass der Anspruch auf den ordentlichen Pflichtteil bereits verjährt ist, der Anspruch auf die Pflichtteilsergänzung aber noch nicht.
Rz. 70
Die Verjährung des Auskunftsanspruchs (§ 2314 BGB) nach § 195 BGB a.F. führt in bestimmten Fällen zu Problemen, so bspw. wenn ein Anspruch gegen den Erben nach § 2325 BGB verjährt ist, ein solcher gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB wegen einer möglichen Hemmung der Verjährung noch nicht. Auch im Falle einer Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber einem Rechtsanwalt wegen fehlerhafter Beratung über einen Pflichtteilsanspruch benötigt der Pflichtteilsberechtigte die entsprechenden Auskünfte des Erben, um seine Forderung beziffern zu können.
Nach BGH ist dem Pflichtteilsberechtigten ein Auskunftsanspruch immer dann zu gewähren, wenn er darlegen kann, dass er die geforderten Informationen benötigt. Ist also der Pflichtteilsanspruch verjährt und stellt der Pflichtteilsberechtigte das Auskunftsbegehren, muss er vortragen, warum er die Auskunft dennoch fordert. Fehlt es an einem besonderen Bedürfnis, ist das Auskunftsverlangen als unbegründet abzuweisen.