aa) Ausschlagungsfrist des Erben
Rz. 46
Grundsätzlich beträgt die Ausschlagungsfrist gem. § 1944 Abs. 1 BGB sechs Wochen und beginnt ab Kenntnis der Berufung zum Erben. Erfolgt diese aufgrund Verfügung von Todes wegen, so beginnt die Frist nicht vor Verkündung der Verfügung von Todes wegen zu laufen (§ 1944 Abs. 2 BGB). Für die Ausübung des Wahlrechts nach § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB beginnt die Frist erst ab Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von den Beschränkungen und Beschwerungen.
Rz. 47
Ein in diesem Zusammenhang auftretendes Problem ist die Frage der Ausschlagung durch die Schlusserben, wenn die Ehegatten ein gegenseitiges Testament errichtet haben. Liegt ein gegenseitiges Testament in Form der Einheitslösung vor, so bedarf es einer Ausschlagung nicht, der pflichtteilsberechtigte Schlusserbe kann seinen Pflichtteil gleich geltend machen, da er für den ersten Sterbefall enterbt ist.
Rz. 48
Liegt dagegen ein Ehegattentestament in der Form der Trennungslösung (Vor- und Nacherbschaft) vor, ist der Nacherbe nach § 2142 BGB bereits mit dem Zeitpunkt des Erbfalls zur Ausschlagung berechtigt, aber nicht verpflichtet. Erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls fällt die Erbschaft dem Nacherben an (§ 2139 BGB), so dass für ihn die Ausschlagungsfrist nach § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB erst mit Eintritt des Nacherbfalls und Kenntnis vom Nacherbfall zu laufen beginnt. Für den (vorläufigen) Nacherben besteht mithin die Möglichkeit, ab dem Erbfall bis sechs Wochen nach Kenntnis vom Nacherbfall die Nacherbschaft auszuschlagen. Es ist jedoch nicht ratsam, diese lange Ausschlagungsfrist auszuschöpfen, wenn durch die Ausschlagung Pflichtteilsansprüche erhalten werden sollen, da diese einer dreijährigen Verjährungsfrist ab (Vor-)Erbfall unterliegen.
Rz. 49
Für die Praxis stellt sich das Problem, dass bei einem von den Ehegatten selbst verfassten Testament nicht immer eindeutig geklärt ist, ob eine Vor- und Nacherbschaft oder eine Vollerbeneinsetzung des überlebenden Ehegatten gewollt ist. Bei einem "zweifelhaften" Ehegattentestament ist daher daran zu denken, vorsorglich die Ausschlagung zu erklären, zumindest wenn feststeht, dass der Pflichtteil geltend gemacht werden soll. Die Ausschlagung sollte dann für den Fall erklärt werden, dass sich herausstellt, dass seitens des Erblassers eine Vor- und Nacherbschaft gewollt war. Es handelt sich in einem solchen Fall nicht um eine ausschlagungsfeindliche Bedingung i.S.v. § 1947 BGB. Denn die Tatsache bzw. der Wille des Erblassers, dass eine Vor- und Nacherbschaft vorliegt, steht zum Zeitpunkt der Ausschlagung bereits fest. Insoweit handelt es sich nicht um eine echte rechtsgeschäftliche Bedingung, sondern um eine sog. unschädliche Gegenwartsbedingung.
bb) Ausschlagungsfrist des Vermächtnisnehmers
Rz. 50
Für das Ausschlagungsrecht des Vermächtnisnehmers nach § 2307 BGB besteht grundsätzlich keine Frist (§ 2180 BGB). Der Erbe, der mit dem Vermächtnis belastet ist, hat jedoch die Möglichkeit, dem Vermächtnisnehmer eine Frist zu setzen, innerhalb derer der Vermächtnisnehmer sich entscheiden muss, ob er das Vermächtnis annimmt. Es handelt sich hierbei um eine Annahmefrist, so dass gem. § 2307 Abs. 2 S. 2 BGB das Vermächtnis als ausgeschlagen gilt, wenn es nicht innerhalb der Frist angenommen wurde. Hierbei ist zu beachten, dass mehrere Erben die Frist nur gemeinsam setzen können.
Rz. 51
Für den Anwalt, der den Erben vertritt, stellt sich die Frage, ob der oder die Vermächtnisnehmer nicht alsbald zur Annahme des Vermächtnisses aufzufordern sind. Dies sollte schon deshalb geschehen, um klare Verhältnisse zu schaffen, zumal die eigene Frist für die Annahme der Erbschaft grundsätzlich nur sechs Wochen beträgt.
cc) Muster: Ausschlagung des Vermächtnisnehmers nach § 2307 BGB
Rz. 52
Muster 17.8: Ausschlagung des Vermächtnisnehmers nach § 2307 BGB
Muster 17.8: Ausschlagung des Vermächtnisnehmers nach § 2307 BGB
An
den/die Erben
_________________________
Der Erblasser _________________________, verstorben am _________________________, hat ein Testament hinterlassen, in dem mir vermächtnishalber _________________________ zugewendet wurde. Ich schlage hiermit das Vermächtnis aus, um meinen Pflichtteil geltend zu machen.
(Unterschrift)