1. Allgemeines
Rz. 180
Die Pflichtteilslasten haben gem. § 2303 BGB grundsätzlich die Erben zu tragen. Der Pflichtteilsberechtigte kann sowohl gegen einen Einzelnen als auch gegen alle Miterben gemeinsam vorgehen. Die Erbengemeinschaft haftet als Gesamtschuldner gem. §§ 2058 ff. BGB. Im Übrigen ist bezüglich der Haftung der Erben zu unterscheiden, ob der Pflichtteilsanspruch vor oder nach der Erbauseinandersetzung geltend gemacht wird.
Rz. 181
Der Pflichtteilsanspruch kann nicht gegen den Vermächtnisnehmer gerichtet werden. Der Erbe hat jedoch das Recht, die von ihm im Außenverhältnis zum Pflichtteilsberechtigten allein getragene Pflichtteilslast im Innenverhältnis zu einem bestimmten Teil auf den Vermächtnisnehmer und den Auflagebegünstigten abzuwälzen. Dies geschieht durch die Kürzung des Vermächtnisanspruchs nach §§ 2318 ff. BGB. Hierbei ist zu beachten, dass die §§ 2318 ff. BGB, mit Ausnahme des § 2319 BGB, nur im Innenverhältnis zwischen Erben und Vermächtnisnehmer zur Anwendung kommen. Lediglich der Vorschrift des § 2319 BGB kommt auch Außenwirkung zu.
2. Haftung der Erben im Außenverhältnis
Rz. 182
Vor der Teilung des Nachlasses haftet jeder Erbe für den Pflichtteilsanspruch. Jeder einzelne Miterbe kann jedoch erreichen, dass er dem Pflichtteilsgläubiger nur mit seinem Anteil an dem Nachlass, nicht aber mit seinem sonstigen Vermögen haftet, indem er die Einrede des ungeteilten Nachlasses nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB erhebt. Das Gesetz geht vor der Erbauseinandersetzung davon aus, dass der Nachlass einerseits und das Eigenvermögen der Erben andererseits noch hinreichend voneinander abgesondert sind. Zu beachten ist, dass die Einrede bei der Zwangsvollstreckung nur dann Berücksichtigung findet, wenn sie gem. § 780 ZPO im Urteil vorbehalten wurde.
Rz. 183
Anderes gilt hingegen, wenn die Auseinandersetzung bereits durchgeführt wurde. Die Einrede des § 2059 BGB greift hier nicht. Nach der Nachlassteilung kann der einzelne Miterbe über die ihm zugefallenen Gegenstände frei verfügen, so dass der Nachlassgläubiger jetzt schutzwürdiger ist. Das Gesetz ordnet gem. § 2058 BGB nunmehr eine unbeschränkte, lediglich nach §§ 2061 ff. BGB beschränkbare und grundsätzlich gesamtschuldnerische Haftung des Miterben an. Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, steht ihm aber zumindest in Höhe seines Pflichtteils die Einrede des § 2319 BGB zu.
Rz. 184
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wann die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft erfolgt ist. Grundsätzlich tritt die Teilung des Nachlasses mit dem Vollzug der Auseinandersetzung ein. Es ist nicht erforderlich, dass die Erbengemeinschaft hinsichtlich keines Nachlassgegenstands mehr besteht. Maßgeblich ist vielmehr das objektive Gesamtbild. Die Teilung ist vollzogen, wenn ein so erheblicher Teil der Nachlassgegenstände aus der Gesamthand in das Einzelvermögen der Miterben überführt ist, dass im Nachlass für die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten keine ausreichenden Gegenstände mehr vorhanden sind. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise muss die Gesamthandgemeinschaft der Miterben praktisch als aufgelöst erscheinen.
Rz. 185
Hinweis
Eine gesamtschuldnerische Haftung aller Miterben kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn es sich um eine gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeit handelt. Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn ein Miterbe gegenüber den anderen Miterben einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach §§ 2325, 2326 BGB geltend macht oder einzelne Miterben mit Vermächtnissen und Auflagen belastet.
3. Haftung für den Pflichtteilsanspruch im Innenverhältnis
a) Pflichtteilslast zwischen den Miterben
Rz. 186
Die Ausgangsnorm ist zunächst § 426 Abs. 1 BGB. Danach sind die Erben als Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Für die Erbengemeinschaft greifen jedoch die Sonderregelungen der §§ 2032 ff. BGB ein.
Rz. 187
Nach §§ 2047, 2038 Abs. 2, 748 BGB hat jeder Miterbe grundsätzlich die Pflichtteilslast nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.
Rz. 188
Da gem. §§ 2046, 2047 BGB zunächst die Verbindlichkeiten zu erfüllen sind, bevor der Nachlass im Weiteren entsprechend der Quoten und ggf. unter Berücksichtigung einer Ausgleichung auseinandergesetzt wird, trifft jeden Erben die Pflichtteilslast entsprechend seiner Erbquote. Eine Verschiebung der Pflichtteilslast unter Berücksichtigung ausgleichungspflichtiger Vorempfänge findet nicht statt.
Rz. 189
Eine gesetzliche Ausnahme von der gleichmäßigen Tragung der Pflichtteilslast regelt der Fall des § 2320 BGB. Danach haftet der Ersatzmann in Höhe seines erlangten Vorteils zunächst voll für den Pflichtteil.
Rz. 190
Gemäß § 2324 BGB kann der Erblasser auch die Pflichtteilslast nur einzelnen Erben auferlegen. Er kann auch von den Vorschriften der §§ 2318, 2320–2323 BGB abweichende Anordnungen treffen.
b) Pflichtteilslast zwischen Erben und Vermächtnisnehmer
Rz. 191
Wurde testamentarisch nichts anderes angeordnet, wird die Pflichtteilslast nach §§ 2318–2323 BGB auf den Erben,...