a) Obligatorische Gruppenvertretung
Rz. 71
Obwohl der Geschäftsanteil des Erblassers an der OHG im Rahmen einer Sondererbfolge aufgeteilt nach der Erbquote an jeden einzelnen Erben übergeht, fällt er in den Nachlass, so dass die Testamentsvollstreckung nicht schlechthin ausgeschlossen ist. Der Testamentsvollstrecker hat jedoch keine Befugnisse, die unmittelbar die Mitgliedschaftsrechte der Erben berühren. Er ist daher in einem Rechtsstreit über die Aufnahme eines weiteren Mitgesellschafters innerhalb der Gesellschaft nicht zur Verwaltung befugt.
Rz. 72
Wie bei der BGB-Gesellschaft ändert sich für die verbleibenden Gesellschafter die Beteiligungshöhe nicht, allerdings wird der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters auf die zur Sondererbfolge berufenen Erben aufgeteilt. Es kommt zu einer Zerstückelung der Beteiligung und Vervielfachung der Anzahl der Gesellschafter. Die Entscheidungsfindung wird erschwert, da die hinzutretenden Gesellschafter-Erben kapitalmäßig nur gering beteiligt sind und oftmals dem Unternehmen fremd gegenüberstehen.
Auch bei der OHG bietet sich daher an, die Einzelinteressen der Gesellschaftererben durch die Einführung einer Vertreterklausel zur obligatorischen Gruppenvertretung im Gesellschaftsvertrag zu bündeln, um die Unternehmensführung, insbesondere Entscheidungsfindung, zu erleichtern.
Eine Klausel zur obligatorischen Gruppenvertretung im Gesellschaftsvertrag könnte wie folgt lauten:
Formulierungsbeispiel
Werden mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer eines Gesellschafters Gesellschafter, die bislang noch nicht an der Gesellschaft beteiligt waren, können sie ihre Stimmrechte nur einheitlich durch einen gemeinsamen Vertreter ausüben, sofern es sich nicht um Beschlüsse über die Änderung oder Ergänzung des Gesellschaftsvertrages handelt. Gemeinsamer Vertreter kann nur ein Gesellschafter oder ein kraft Gesetzes zur Verschwiegenheit verpflichtetes Mitglied der rechts- oder steuerberatenden Berufe sein. Solange ein gemeinsamer Vertreter nicht bestellt ist, ruhen die Stimmrechte der Gesellschafter dieser Gesellschaftergruppe in den Angelegenheiten, in denen sie nur durch einen gemeinsamen Vertreter wahrgenommen werden können.
Rz. 73
Ebenfalls wie bei der BGB-Gesellschaft darf die obligatorische Gruppenvertretung den Grundsatz von Herrschaft und Haftung nicht verletzen. Hiernach sollten einer umfassenden Haftung des Gesellschafters, wie sie § 128 HGB regelt, ebenso umfassende Rechte des Gesellschafters, insbesondere bei der Geschäftsführung, gegenüberstehen.
Die beiden Grundsätze "unbeschränkte persönliche Haftung für alle Gesellschaftsschulden" und "unbeschränkte alleinige Geschäftsführung und Vertretung jedes Gesellschafters" verdeutlichen den groben Umriss der Struktur eines Gesellschafteranteils an einer OHG. Nur wenn unter anderem diese beiden Prinzipien in der jeweiligen Gesellschafterstellung gewährleistet sind, könne von einer Gesellschaftsbeteiligung an einer OHG gesprochen werden.
Die obligatorische Gruppenvertretung schränkt die umfassenden Rechte der betroffenen Gesellschafter zwar ein, greift aber nicht weiter als die gesetzlich möglichen Einschränkungen der Rechte des Gesellschafters aus § 114 Abs. 2 HGB, der die Geschäftsführung gänzlich ausschließt.
Die obligatorische Gruppenvertretung muss als Minus zum vollständigen Ausschluss der Geschäftsführung daher zulässig sein. Sie entzieht den betroffenen Gesellschaftern die Rechte zur Geschäftsführung nicht vollständig, sie werden lediglich mediatisiert.
Rz. 74
Weiter wird durch eine obligatorische Gruppenvertretung der Grundsatz der Selbstbestimmung betroffen.
Hiernach gilt, dass "die Willensbildung in der Gesellschaft durch die Gesellschafter erfolgt. Geschäftsführung und Vertretung sind Sache der Gesellschafter und die Beschlüsse in den Angelegenheiten der Gesellschaft werden durch die Gesellschafter gefasst".
Rz. 75
Auch das Selbstbestimmungsrecht wird durch die obligatorische Gruppenvertretung nicht unzulässig eingeschränkt, denn der Vertreter tritt nicht an die Stelle der in der Gruppe zusammengeschlossenen Gesellschafter-Erben, sondern handelt nur im Namen und kraft Weisung der Gruppenmitglieder.
Rz. 76
Auch das Prinzip der Selbstorganschaft führt nicht zur Unzulässigkeit der obligatorischen Gruppenvertretung.
Nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft müssen bei einer Personengesellschaft die Organe der Gesellschaft nicht erst gewählt oder bestellt werden, sondern gem. §§ 125 ff. HGB sind die organschaftlichen Vertreter einer OHG ipso iure die Gesellschafter. In der Regel können auch nur die Gesellschafter Organe der OHG sein und diese höchstpersönliche Stellung kann nicht auf Dritte übertragen werden. Allerdings ist es den Gesellschaftern dadurch nicht versagt, einen Nichtgesellschafter an der Geschäftsführung oder der Vertretung der Gesellschaft zu beteiligen.
Zwar werden die organschaftlichen Rechte der Gruppenmitglieder eingeschränkt, aber die Selbstorganschaft verlangt nicht, dass jeder Gesells...