Rz. 253
Bei Fortführung des Handelsgeschäfts unter der Firma des Erblassers haften die Erben nach h.M. gem. §§ 27 Abs. 1, 25 HGB ohne die Möglichkeit zur Beschränkung nach erbrechtlichen Vorschriften. Wird das Handelsgeschäft nicht oder nicht unter der Firma des Erblassers fortgeführt, haften die Erben nur nach den erbrechtlichen Vorschriften gem. § 1967 BGB.
Rz. 254
Sind die Minderjährigen mit ihren gesetzlichen Vertretern zusammen Mitglieder der Erbengemeinschaft, werden sie von diesen vertreten. Die gesetzlichen Vertreter benötigen wie oben beschrieben (vgl. Rdn 251) auch nach der Entscheidung des BVerfG keine familiengerichtliche Genehmigung. Die Minderjährigen werden durch die gesetzlichen Vertreter in der Erbengemeinschaft aus den unter der Firma des fortgeführten Handelsgeschäfts abgeschlossenen Verträgen mitverpflichtet.
Rz. 255
Um nach Fortführung des Handelsgeschäfts unter der Firma des Erblassers ihre Haftung zu beschränken, können die Erben von der Regelung des § 27 Abs. 2 HGB Gebrauch machen, der sinngemäß auch auf die Erbengemeinschaft angewendet werden kann.
Rz. 256
Erforderlich ist, dass sie innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis vom Anfall der Erbschaft das Handelsgeschäft einstellen. Erfolgt die Einstellung rechtzeitig, erstreckt sich die Haftung der Erben auf die Altschulden des Erblassers aus dem Handelsgeschäft auf die erbrechtlichen Vorschriften gem. § 1967 BGB.
Erfolgt die Einstellung des Handelsgeschäfts nicht oder nicht rechtzeitig, haften die Erben gem. §§ 27 Abs. 1, 25 HGB persönlich und ohne Möglichkeit der erbrechtlichen Beschränkung. Voraussetzung ist allerdings, dass die Miterben das Geschäft entweder gemeinsam fortführten, oder der einzeln fortführende Miterbe von den übrigen ausdrücklich oder auch nur stillschweigend bevollmächtigt wurde.
Rz. 257
Auch die Einstellung des Handelsgeschäfts ist allerdings gem. § 2038 BGB wenigstens als ordentliche Verwaltung mehrheitlich zu beschließen, so dass der einzelne Miterbe die Haftungsreduzierung mit Hilfe des § 27 Abs. 2 S. 1 HGB nicht allein auslösen kann. Dies bedeutet, dass weder ein Erbe allein das Handelsgeschäft nach dem Erbfall fortführen, noch dessen Einstellung herbeiführen kann, sollte das Handelsgeschäft zuvor von den Erben gemeinsam fortgeführt worden sein. Die Weigerung nur eines Miterben, direkt nach dem Erbfall das Handelsgeschäft fortzuführen, dürfte daher aber ausreichen, um in den Genuss des § 27 Abs. 2 S. 1 HGB zu gelangen. Im Übrigen ist dem nicht fortführungswilligen Erben anzuraten, bzgl. des Handelsgeschäftes die Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu betreiben, die in der Frist des § 27 Abs. 2 HGB vollzogen sein sollte.
Rz. 258
Die Einstellung der Fortführung des Handelsgeschäfts bedeutet die vollständige Aufgabe der werbenden Tätigkeit. Streitig ist, was unter Einstellung zu verstehen ist:
Nach h.M. stellt jedenfalls die Liquidation des Handelsgewerbes eine Einstellung der Fortführung des Geschäfts gem. § 27 Abs. 2 S. 1 HGB dar, wobei wohl die Einstellung der werbenden Tätigkeit zum Beginn der Liquidation im 3-Monats-Zeitraum ausreicht und die Liquidation nicht vollständig abgeschlossen sein muss, wogegen allein die spätere Änderung der Firma wohl nicht ausreicht. Umstritten bleibt, ob die Veräußerung des Handelsgeschäfts, Umwandlung oder Übertragung auf einen anderen Rechtsträger oder Verpachtung zur Einstellung der Fortführung des Geschäfts gem. § 27 Abs. 2 S. 1 HGB ausreichen.
Rz. 259
Für die Neuschulden aus dem weiter geführten Geschäft haften die Miterben, auch die minderjährigen, als Gesamtschuldner gem. § 427 BGB, persönlich und nicht auf den Nachlass beschränkt, da es sich nach herrschender Meinung um Nachlasserbenschulden handelt.
Rz. 260
Das Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz verändert die Entstehung der Haftung des minderjährigen Miterben nicht, denn der Gesetzgeber wählte zur Lösung der durch das BVerfG gestellten Aufgabe nicht die "Genehmigungslösung", sondern die "Haftungsbeschränkungslösung". Seit Einführung des § 1629a BGB ist die Haftung des zunächst minderjährigen Miterben gem. § 1629a Abs. 1 BGB daher auf die Höhe seines Vermögens bei Eintritt der Volljährigkeit beschränkt. Allerdings wird gem. § 1629a Abs. 4 BGB vermutet, dass Verbindlichkeiten, die aus einer Erbengemeinschaft herrühren, erst nach dem Eintritt der Volljährigkeit entstanden sind, wenn der volljährig gewordene nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Volljährigkeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangt. Da es sich um eine gesetzliche Vermutung handelt, kann der nunmehr volljährige Miterbe den Nachweis des Entstehens der Verbindlichkeit führen, und so ebenfalls in den Genuss der Haftungsbeschränkung gelangen.
Ob eine Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine Handelsgesellschaft möglich ist, wird unten näher erörtert (siehe unten Rdn 267).