Rz. 12

Erfolgt die Sondererbfolge aufgrund qualifizierter Nachfolgeklausel (vgl. Rdn 150) kann sich die Auseinandersetzung schwieriger gestalten.

 

Beispiel (wie oben, siehe Rdn 11)

Der Gesellschaftsvertrag sieht jedoch vor, dass die Gesellschaft jeweils nur mit dem ältesten Abkömmling des verstorbenen Gesellschafters fortgeführt wird.

Im Rahmen der Sondererbfolge geht damit der Geschäftsanteil des Erblassers vollständig auf die älteste Tochter über.

Das Barvermögen fällt wie gehabt der Erbengemeinschaft, bestehend aus beiden Töchtern an. Die Quote in der Erbengemeinschaft beträgt aufgrund der gesetzlichen Erbfolge weiterhin ½.

Der Fall zeigt, dass die Auseinandersetzung hier nicht durch hälftige Teilung des Barvermögens betrieben werden kann, da die älteste Tochter wertmäßig einen höheren Anteil am Nachlass erhalten würde, als die mit gleicher Quote erbberechtigte jüngere Tochter.

Abfindungsansprüche gegenüber der Gesellschaft zugunsten der jüngeren Tochter entstehen nach h.M. nicht, da die Mitgliedschaft ungeschmälert vererbt wird.[18]

Vielmehr ist der bereits erhaltene Gesellschaftsanteil bei der ältesten Tochter anzurechnen und sie schuldet einen Wertausgleich.[19] Folglich wird eine Bewertung des Gesellschaftsanteils notwendig.

 

Rz. 13

Die Verpflichtung zum Wertausgleich ist mit unterschiedlicher Begründung weitgehend unstreitig.[20]

Nach einer Auffassung ergibt sich aus der qualifizierten Nachfolgeklausel eine mit dem Erbfall vollzogenen Teilungsanordnung,[21] für die eine wertmäßige Verschiebung der Erbquoten durch die Rechtsprechung nicht zugelassen wird.[22]

Nach der anderen Auffassung erfolgt eine analoge Anwendung von § 2050 BGB, als wären die Geschäftsanteile bereits zu Lebzeiten übertragen worden.[23]

Will der Erblasser die Auseinandersetzung der Erben nicht durch die Wertermittlung des Gesellschaftsanteils belasten und ggf. höhere Zahlungsverpflichtungen des Nachfolger-Erben vermeiden, muss er die qualifizierte Nachfolgeklausel durch Regelungen im Rahmen der letztwilligen Verfügung unterstützen.

Hierzu könnte zur Vermeidung einer Auseinandersetzung der Erben überhaupt die Alleinerbeneinsetzung des qualifizierten Nachfolgers gehören. Die weichenden Erben wären nach Reimann, der das Alleinerbenmodell als einzigen, wirklich logischen, kostensparenden und einwandfreien Weg bezeichnet,[24] dann lediglich mit Vermächtnissen zu bedenken.[25]

[18] Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Lorz, HGB, § 139 Rn 23; Tiedau, NJW 1980, 2446, 2447; Heckelmann, S. 271.
[19] Damrau/Tanck/Tanck, Erbrecht, § 1922 Rn 65.
[20] Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Lorz, HGB, § 139 Rn 23; BGH, Urt. v. 22.11.1956 – II ZR 222/55, NJW 1957, 180; BGH, Urt. v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, NJW 1977, 1339, 1342; Ulmer, ZGR 1972, 324, 326.
[21] Damrau/Tanck/Tanck, Erbrecht, § 1922 Rn 65; Tiedau, NJW 1980, 2446, 2449; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 45 V 5c; Soergel/Wolf, § 1922 Rn 25; Ulmer, ZGR 1972, 324, 327.
[23] Flume, S. 404.
[24] Reimann, ZEV 2002, 487, 492.
[25] Reimann, ZEV 2002, 487, 489.

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