Rz. 150
Von einer qualifizierten Nachfolgeklausel spricht man, wenn aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelung von einer Mehrzahl von Erben nicht alle in die Mitgliedschaft des Erblassers einrücken sollen. Eine solche Regelung ist grundsätzlich anerkannt. Sie wurde durch den BGH zunächst in der Weise umgesetzt, dass der eintretende Erbe einen seinem Erbteil entsprechenden Bruchteil am Geschäftsanteil unmittelbar erwarb und der verbleibende Rest des Geschäftsanteils den überlebenden Gesellschaftern als Treuhändern des Nachfolgers anwuchs. Diese Rechtsprechung ist zwischenzeitlich aufgegeben und der BGH lässt den unmittelbaren Erwerb der Mitgliedschaft durch den Gesellschafter-Erben unabhängig von der Höhe seiner Erbquote zu, denn die Erbquote ist keine gegenständliche Begrenzung des Erbteils sondern ausschließlich eine wertmäßige.
Die Formulierung einer qualifizierten Nachfolgeklausel könnte wie folgt lauten:
Formulierungsbeispiel
Beim Tode des Gesellschafters A wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit dessen Erben X fortgesetzt.
Beim Tode der Gesellschafterin B wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit deren Erben Y fortgesetzt.
Den übrigen Erben der verstorbenen Gesellschafter A und B stehen gegen die Gesellschaft keinerlei Abfindungsansprüche zu. Auf X und Y gehen alle Rechte und Pflichten des verstorbenen Gesellschafters über mit Ausnahme solcher, die ihm wegen seiner persönlichen Eigenschaften übertragen oder auferlegt waren.
Beim Tode des Gesellschafters C wird die Gesellschaft unter Ausschluss der Erben zwischen den überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt.
Die qualifizierte Nachfolgeklausel muss durch Regelungen in der letztwilligen Verfügung des Erblassers unterstützt werden, damit sie zum gewünschten Ergebnis gelangt. Folgende Fehlerquellen bestehen:
aa) Missglückte Nachfolge
Rz. 151
Von einer missglückten Nachfolge spricht man, wenn der durch die qualifizierte Nachfolgeklausel bestimmte Nachfolger nicht Erbe des verstorbenen Gesellschafters wird. Einen solchen Fall hatte der BGH am 25.5.1987 zu entscheiden.
Beispiel
Der Erblasser hatte mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzten. Die Kinder sollten Schlusserben des Letztversterbenden sein.
Der Erblasser war Komplementär und der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die Gesellschaft nach dem Tod des Gesellschafters mit seinen Erben fortgeführt wird, wenn diese seine Abkömmlinge sind.
Durch die Erbeinsetzung der Ehefrau waren die Kinder nicht Erben geworden und die Ehefrau nicht qualifiziert im Hinblick auf die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel, denn sie war nicht Abkömmling des Erblassers.
Die Nachfolge in die Gesellschaft scheitert hier und der Zugang der Abkömmlinge zum Gesellschaftsanteil des Erblassers konnte, wie Reimann richtig anmerkt, nur durch eine eher abenteuerlich anmutende Konstruktion des BGH erreicht werden.
Um sich nicht auf gerichtliche Rettungsakte verlassen zu müssen, ist daher neben der qualifizierten Nachfolgeklausel regelmäßig eine letztwillige Verfügung notwendig, die tatsächlich einen Personenkreis als Erben einsetzt, der gesellschaftsrechtlich Nachfolger werden kann.
Hierauf ist sowohl bei Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, als auch von letztwilligen Verfügungen zu achten und regelmäßig darauf hinzuweisen, dass nahe liegende Gefahren bestehen, wenn keine Übereinstimmung beider Rechtsakte erreicht wird.
bb) Erbauseinandersetzung
Rz. 152
Die Problematik der Erbauseinandersetzung bei qualifizierter Nachfolgeklausel wurde bereits oben (vgl. Rdn 12) besprochen.
cc) Steuerrecht
Rz. 153
Hatte der Erblasser neben seinem Gesellschaftsanteil auch Sonderbetriebsvermögen, so fällt bei qualifizierter Nachfolgeklausel der Erwerb von Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen auseinander.
Der qualifizierte Erbe erwirbt den Gesellschaftsanteil mit dem Erbfall in Eigenvermögen. Das Sonderbetriebsvermögen fällt der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand an.
Wegen der ertragsteuerlich nachteiligen Folgen (Entnahme) wird auf § 18 – Steuerrecht dieses Buches verwiesen (vgl. § 18 Rdn 79).