Rz. 248
Die Erbengemeinschaft kann aber Träger eines im Nachlass befindlichen Handelsgeschäfts sein und dieses Unternehmen auch dauerhaft fortführen. Dies ist notwendige Folgerung aus §§ 1922, 2032 BGB, denn es gibt kein Unternehmen ohne Unternehmensträger. Die Miterben bilden durch Fortführung des Handelsgeschäftes aber nicht notwendig selbst eine Handelsgesellschaft, vielmehr wird das Einzelunternehmen als solches fortgeführt.
Rz. 249
Im Handelsregister sind die Miterben als Inhaber des Handelsgeschäfts "in Erbengemeinschaft" einzutragen, um klarzustellen, dass das Unternehmen nicht in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft betrieben wird. Die Anmeldung erfolgt durch sämtliche Miterben. Die Miterben dürfen gem. § 22 Abs. 1 HGB das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Nachfolgezusatz fortführen. Eine ausdrückliche Einwilligung des bisherigen Geschäftsinhabers ist für Erben nicht erforderlich. Dies beschreibt das Außenverhältnis.
Rz. 250
Im Innenverhältnis, also auf die Rechtsbeziehungen der Miterben zueinander hinsichtlich eines zum Nachlass gehörenden Handelsgeschäfts, kann das Recht der OHG anzuwenden sein, wenn die Miterben das Unternehmen zum Lebensunterhalt dauernd fortführen.
Rz. 251
Wesentlicher Streit um die rechtliche Einordnung der unternehmenstragenden Erbengemeinschaft machte sich am Minderjährigenschutz fest. Hier löste die Entscheidung des BGH v. 8.10.1984 die Tätigkeit des Gesetzgebers aus, der den Streit schließlich durch Einführung des § 1629a BGB am 1.1.1999 durch das Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz auf der Rechtsfolgenseite entschärfte. Es stellten sich insbesondere Fragen nach der Notwendigkeit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigungen (seit 1.9.2009: familiengerichtlicher Genehmigungen) gem. §§ 1645, 1823 BGB sowie der Verpflichtung des Minderjährigen aus dem Betrieb des fortgeführten Handelsgeschäfts.
1. Entscheidung des BGH vom 8.10.1984 und Entwicklung
Rz. 252
In seiner Entscheidung vom 8.10.1984 führte der BGH zunächst aus, dass ein Handelsgeschäft in ungeteilter Erbengemeinschaft fortgeführt werden könne, ohne dass hierin notwendig ein gesellschaftlicher Zusammenschluss zu sehen sei.
Eltern können im Rahmen der Erbengemeinschaft ihre Kinder vertreten und es bedürfe keiner familiengerichtlicher Genehmigung gem. §§ 1643, 1822 Nr. 3 BGB zur Fortführung des ererbten Handelsgeschäftes über den Zeitpunkt des § 27 Abs. 2 HGB hinaus.
Im zu entscheidenden Sachverhalt hatte die Mutter im Rahmen der Fortführung des vom Vater ererbten Landmaschinenhandels ihre minderjährigen Kinder durch die Vertretung bei Abgabe von Schuldanerkenntnissen mit erheblichen Verbindlichkeiten belastet, um das marode Geschäft zu retten. Die Entscheidung des BGH führte zur Verurteilung der Kinder. Diese erhoben gegen die Entscheidung des BGH Verfassungsbeschwerde und obsiegten. Das BVerfG stellt weder die Ausführungen des BGH zur Fortführung des ererbten Handelsgeschäftes in ungeteilter Erbengemeinschaft in Frage, noch verlangt es nach einer anderen Auslegung der §§ 1643, 1822 Nr. 3 BGB. Vielmehr stellt das BVerfG klar, dass § 1629 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1643 Abs. 1 BGB insoweit mit Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar sei, als danach Eltern im Zusammenhang mit der Fortführung eines zu einem Nachlass gehörenden Handelsgeschäfts ohne familiengerichtliche Genehmigung Verbindlichkeiten zu Lasten ihrer minderjährigen Kinder eingehen können, die über deren Haftung mit dem ererbten Vermögen hinausgehen. Der Gesetzgeber wurde aufgerufen, die bestehende Lücke zu schließen.
Dies erfolgte durch Einführung des § 1629a BGB zum 1.1.1999 durch das Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz vom 25.8.1998.
2. Haftung bei Fortführung des Handelsunternehmens
Rz. 253
Bei Fortführung des Handelsgeschäfts unter der Firma des Erblassers haften die Erben nach h.M. gem. §§ 27 Abs. 1, 25 HGB ohne die Möglichkeit zur Beschränkung nach erbrechtlichen Vorschriften. Wird das Handelsgeschäft nicht oder nicht unter der Firma des Erblassers fortgeführt, haften die Erben nur nach den erbrechtlichen Vorschriften gem. § 1967 BGB.
Rz. 254
Sind die Minderjährigen mit ihren gesetzlichen Vertretern zusammen Mitglieder der Erbengemeinschaft, werden sie von diesen vertreten. Die gesetzlichen Vertreter benötigen wie oben beschrieben (vgl. Rdn 251) auch nach de...