a) Grundsatz
Rz. 247
Die Rspr. unterstellte seit langem ohne (ausdrückliche) gesetzliche Grundlage eine verdeckte (oder "verschleierte") Sacheinlage, wenn bei einer Barkapitalerhöhung die Beteiligten die formellen Sacheinlagevorschriften dadurch umgehen, dass sie in sachlichem Zusammenhang mit der Barkapitalerhöhung (aufgrund nachgewiesener oder vermuteter Absprachen) Transaktionen vornehmen, durch die der eingezahlte Barbetrag von der Gesellschaft an den Zeichner zurückfließt. Die Richtigkeit der Konstruktion ist nicht zuletzt aus europarechtlichen Gründen sehr zweifelhaft.
b) Regelung durch MoMiG
Rz. 248
Das MoMiG begegnete der Kritik an den drastischen Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen nach der herkömmlichen Rspr. Die Regelungen gelten gleichermaßen für Gründung und Kapitalerhöhung (§ 56 Abs. 2 und § 56a i.V.m. § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG).
Rz. 249
Nach der Legaldefinition des § 19 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 GmbHG besteht die verdeckte Sacheinlage, wenn "eine Geldeinlage eines Gesellschafters bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten" ist. Das erfasst auch Sachübernahmen (außer der unechten nach § 5 Abs. 4 S. 1 GmbHG). § 19 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 bis S. 5 GmbHG beschränkt im Grundsatz die Rechtsfolge auf eine Differenzhaftung Gem. S. 1 Hs. 2 befreit sie den Gesellschafter zwar nicht von seiner Einlageverpflichtung; gem. S. 2 sind Verträge über die Sacheinlage und Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung nicht unwirksam; vielmehr wird gem. S. 3 auf die fortbestehende Geldeinlagepflicht des Gesellschafters der Wert des verdeckt geleisteten Gegenstandes angerechnet. Maßgebend ist dessen Wert im Zeitpunkt entweder der Handelsregisteranmeldung oder seiner späteren Überlassung an die GmbH; gem. S. 4 erfolgt die Anrechnung nicht vor der Eintragung der Gesellschaft; der Gesellschafter trägt gem. S. 5 die Beweislast für die Werthaltigkeit des Gegenstands. Vgl. zu Grenzen der Regelung Rdn 259, zur Anwendung bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Rdn 83.
Rz. 250
§ 19 Abs. 5 GmbHG regelt das sog. "Hin- und Herzahlen" (vgl. auch Rdn 255): Eine Gestaltung, bei der vor der Einlage eine Leistung an den Gesellschafter vereinbart worden ist, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht, die aber nicht als verdeckte Sacheinlage zu beurteilen ist, befreit von der Einlageverpflichtung nur dann, "wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann" (S. 1). Eine solche Leistung oder deren Vereinbarung ist gem. S. 2 in der Handelsregisteranmeldung gem. § 8 GmbHG anzugeben.
Kritisch ist regelmäßig die Abgrenzung zur verschleierten Sacheinlage: Diese bejaht der BGH bei Einzahlung der Einlage auf ein Konto, das in einen dem Inferenten zuzurechnenden Cash-Pool einbezogen ist, wenn der Saldo auf dessen Zentralkonto im Zeitpunkt der Weiterleitung zulasten der GmbH negativ ist, andernfalls liege Hin- und Herzahlen vor. Inwieweit der Inferent bei einer als verdeckte Sacheinlage zu behandelnden Einzahlung die (damit nicht wirksam erbrachte) Einlage noch einmal leisten müsse, hänge davon ab, ob und in welcher Höhe die GmbH durch die Einlagezahlung von einer Forderung des Inferenten befreit werde, die sie ohne diese Zahlung aus ihrem Vermögen erfüllen könnte. Das Hin- und Herzahlen regelt nach dem BGH einen Umgehungstatbestand bei Fällen, in denen es an einer Bareinlageleistung zu freier Verfügung des Geschäftsführers (§ 8 Abs. 2 GmbHG) fehle, weil der Einlagebetrag absprachegemäß umgehend wieder an den Einleger zurückfließen soll –als Darlehen oder aufgrund einer Treuhandabrede; das Vorgehen ziele in solchen Fällen darauf ab, die prinzipiell unverzichtbare Einlageforderung durch eine in dieser Hinsicht schwächere Forderung (z.B. aus Darlehen) zu ersetzen.