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Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) soll es Existenzgründern einfach machen, ihre Ziele in Angriff zu nehmen; in Kombination mit dem Musterprotokoll seien Flexibilität, Schnelligkeit, Einfachheit und Kostengünstigkeit erreicht.[273] Sie soll auch für kurzfristige, riskante, aber wenig kapitalintensive Geschäfte nutzbar sein.[274] Grundsätzlich ist sie mangels abweichender gesetzlicher Regelung als Rechtsform überall dort einsatzfähig, wo auch die GmbH zugelassen ist und gesetzlich kein höheres Mindeststammkapital gefordert wird.[275] Streitig, mE zu bejahen ist die Verwendung als Komplementärin;[276] die Forderung, die Gesellschaft müsse mit Blick auf die Pflicht zur Rücklagenbildung nach § 5a Abs. 3 GmbHG jedenfalls am Gewinn der OHG/KG beteiligt sein,[277] überzeugt angesichts der unstreitigen unbegrenzten Einsatzmöglichkeit einer AG als Komplementärin ungeachtet der Regelung von § 170 Abs. 2 AktG nicht. Die Pflicht zur Rücklagenbildung steht aus denselben Gründen dem Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags mit der Unternehmensgesellschaft (haftungsbegrenzt) als abführungspflichtige Organgesellschaft nicht entgegen;[278] das Gegenargument Gläubigerschutz ist nicht einschlägig, da die Obergesellschaft nach § 303 AktG eine Verlustausgleichspflicht trifft und es daher des Gläubigerschutzes durch Rücklagen der Unternehmergesellschaft nicht bedarf. Diese kann grundsätzlich auch Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft sein.[279] Sie kommt auch als Rechtsanwalts-, Patentanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft in Betracht, nicht aber als Wirtschaftsprüfergesellschaft (vgl. § 26 Abs. 6 WPO).[280]

[273] Regierungsbegründung, BT-Drucks 16/6140, S. 31.
[274] Gehrlein, Konzern 2007, 771, 779; Joost, ZIP 2007, 2242, 2243; Hirte, NZG 2008, 761, 763; vgl. allg. zu Einsatzmöglichkeiten Römermann, NJW 2010, 905.
[275] Baumbach/Hueck/Servatius, § 5a Rn 8.
[276] Veil, GmbHR 2007, 1080, 1084; Hirte, ZInsO 2008, 933; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Kleindiek, § 5a Rn 11, 40; nach KG GmbHR 2009, 1281 muss in Firmierung erkennbar sein, dass Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Komplementärin ist. Vgl. Schall, GmbHR 2017, 25.
[277] BGH NJW 2012, 3175 Rn 13, wobei im Einzelfall eine bestimmte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nicht geeignet sein kann, vgl. z.B. LG Frankfurt NZG 2014, 826.
[278] Demgegenüber gehen oder gingen zahlreiche Autoren davon aus, dass aus Gründen des Gläubigerschutzes die Rücklagenbildung vorgehe, so z.B. Wachter, GmbHR Sonderheft Okt. 2008, S. 33; Veil, GmbHR 2007, 1080, 1084; Wälzholz, GmbH-StB 2007, 319, 321; Fuhrmann, FS Beuthien, 2009, S. 607; im Ergebnis wie hier Bäuml, StuB 2008, 667; Bäuml, GmbHR Sonderheft Okt. 2008, S. 98; MüKo/Rieder, § 5a Rn 56; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 5a Rn 41.
[279] BGH (5. Senat) NZG 2012, 1059; aA LG Karlsruhe NZG 2011, 1275; vgl. auch LG Dortmund v. 28.3.2017 – 1 S 1777/16, NZG 2018, 146.
[280] Baumbach/Hueck/Servatius, § 5a Rn 8.

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