Rz. 13
Gem. § 11 Abs. 2 GmbHG haften die Personen, die als Geschäftsführer oder wie ein solcher für die künftige GmbH tätig werden; die Handelndenhaftung erlischt mit der Eintragung der GmbH.
Streitig, aber für die Praxis geklärt, ist die Frage der Haftung der Gesellschafter bzw. der Vorgesellschaft für deren Verbindlichkeiten: Haften die Gesellschafter überhaupt nicht, unbeschränkt, bis zur Höhe der noch nicht geleisteten Einlage, oder ist die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt? Seit 1996 vertritt der BGH den Grundsatz einer unbeschränkten Innenhaftung der Gesellschafter im Verhältnis zur Vorgesellschaft auf Ausgleich einer Unterbilanz zwischen vorhandenem Vermögen und Stammkapital. Die Gläubiger der Vorgesellschaft können deren Gesellschafter grundsätzlich nicht unmittelbar persönlich in Anspruch nehmen. Vielmehr müssen sie sich an die Vorgesellschaft halten. Die Gesellschafter haften nicht gesamtschuldnerisch, sondern im Verhältnis ihrer Beteiligung. Gläubiger müssen also die Vorgesellschaft verklagen und deren Ansprüche gegen die Gründer pfänden. Scheitert die GmbH-Gründung endgültig und führt die unechte Vorgesellschaft (vgl. Rdn 10) die Geschäfte fort, haften die Gesellschafter (§§ 128, 160 HGB oder § 718 BGB i.V.m. §§ 421, 427 BGB) persönlich, gesamtschuldnerisch, unmittelbar und unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft – nach BGH auch für die bis zum Scheitern entstandenen. Schwierig wird häufig der Nachweis des endgültigen Scheiterns der Gründung sein. Bei Vermögenslosigkeit der Vorgesellschaft und bei der Einmann-GmbH haften die Gesellschafter unmittelbar (vgl. auch Rdn 8).
Rz. 14
Nach Eintragung tritt an die Stelle der Handelndenhaftung die Vorbelastungshaftung (andere Begriffe: Differenz- bzw. Unterbilanzhaftung), vgl. Rdn 323: Danach schulden die Gesellschafter der GmbH die Differenz zwischen dem tatsächlichen Reinvermögen im Zeitpunkt der Eintragung und dem aufgrund der Einlageverpflichtung geschuldeten Kapitalbetrag (ggf. zzgl. Aufgeld/Agio). Die Haftung setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Gesellschafter mit der Aufnahme des Geschäfts vor der Eintragung der GmbH im Handelsregister einverstanden war. Wenig geklärt ist, wie die Unterbilanz zu ermitteln ist: Nach dem BGH ist das Gesellschaftsvermögen grundsätzlich anzusetzen mit seinen wirklichen Werten nach Fortsetzungsgrundsätzen – nur bei negativer Fortsetzungsprognose mit Zerschlagungswerten. Die Unterbilanzhaftung soll auch bei einer späteren Auffüllung des Gesellschaftsvermögens fortbestehen. Die Beweislast trifft grundsätzlich die GmbH – ggf. ihren Insolvenzverwalter und ggf. mit Darlegungserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast. Die direkte Inanspruchnahme der Gesellschafter durch Dritte ist ausgeschlossen – auch bei Vermögenslosigkeit der GmbH oder Fehlen von Geschäftsführer oder weiteren Gläubigern sowie Einpersonengesellschaft (anders die Verlustdeckungshaftung bei der Vorgesellschaft, vgl. Rdn 13). Risiken für die Gründungsgesellschafter bestehen zumal deshalb, da nach der Rspr. eine Schuldübernahme durch eine Monate nach Vertragsschluss gegründete GmbH der Genehmigung der Gläubiger bedarf.
Die Aufnahme von Geschäften im Gründungsstadium birgt daher erhebliche Risiken für die Gesellschafter. Wer vor Errichtung einer GmbH unter Verwendung ihrer Firma kontrahiert, kann als Vertragspartner oder als Gesellschafter einer unfreiwillig gebildeten OHG oder als Vertreter ohne Vertretungsmacht persönlich haften. Wer Haftung vermeiden will, muss den Geschäftspartner darauf hinweisen, dass die GmbH noch nicht vorhanden ist. Ggf. kann man vereinbaren, dass das Geschäft erst mit der Eintragung der GmbH wirksam wird (aufschiebende Bedingung gem. § 158 BGB) und noch ihrer Genehmigung bedarf (§ 177 BGB). Dann ist die persönliche Haftung ausgeschlossen. Der Handelnde wird nicht Vertragspartner, handelt nicht als falsus procurator, ihn trifft keine Gesellschafterhaftung. Der Berater wird regelmäßig empfehlen, vor der Eintragung der GmbH für diese keine Geschäfte zu tätigen oder Probleme durch den Erwerb einer Vorratsgesellschaft (vgl. Rdn 47) zu minimieren.
Auch in der Gründungsphase sind schuldrechtliche Haftungsübernahmen durch Gesellschafter denkbar.
§ 9a GmbHG sieht Ersatzansprüche der GmbH wegen falscher Angaben bei Errichtung (Abs. 1) sowie bei vorsätzlich oder groß fahrlässiger Schädigung durch Einlagen oder Gründungsaufwand (Abs. 2) vor; vgl. zur Angabe des Gründungsaufwands Rdn 31. Die Haftung ist eine deliktsähnliche Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr. § 9b GmbHG erweitert dieses Haftungsregime: Der Verzicht auf solche Ansprüche ist gegenüber Gläubigern unwirksam, soweit diese zu ihrer Befriedigung erforderlich sind.