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Der notwendig nach außen gerichtete erste eigentliche Schritt für die Gründung ist der Abschluss eines notariell – ggf. von einem ausländischen Notar[31] (zu den entsprechenden Fragen der Geschäftsanteilsübertragung und der Satzungsänderung vgl. Rdn 171, 220) – beurkundeten Gesellschaftsvertrages nach § 2 GmbHG und die Bestellung der Gründungsgeschäftsführer nach § 6 GmbHG (zu den Bestellungsvoraussetzungen vgl. Rdn 100 ff.). Diese nehmen die Einlagen der Gesellschafter nach § 7 Abs. 2 und Abs. 3 GmbHG entgegen, geben die Versicherungen nach § 8 Abs. 2 und Abs. 3 GmbHG ab und melden die Gesellschaft nach §§ 7, 8 GmbHG zum Handelsregister an.[32]

Mit Feststellung des Gesellschaftsvertrages entsteht die sog. "Vorgesellschaft" (auch "Vor-GmbH"). Diese ist (als Gebilde sui generis[33]) Vorstufe und notwendiges Durchgangsstadium zur GmbH. Sie ist voll handlungsfähig,[34] insb. rechts- und parteifähig.[35] Auf sie sind alle Vorschriften anwendbar, die nicht die Eintragung im Handelsregister voraussetzen.[36] Anerkannt sind ihre Konto-, Grundbuch-, Wechsel- sowie Scheckfähigkeit, aktive und passive Parteifähigkeit[37] sowie Beteiligtenfähigkeit im Handelsregisterverfahren.[38] Streitig ist die Reichweite der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht des Geschäftsführers.[39] Jedenfalls vertritt er entsprechend § 35 GmbHG die Vorgesellschaft im Prozess.[40] Ihre Binnenorganisation richtet sich weitgehend nach dem Recht der einzutragenden juristischen Person.[41]

Die Vorgesellschaft bleibt bei Aufgabe der Absicht zur Handelsregistereintragung bis zur vollständigen Abwicklung als Liquidationsgesellschaft[42] rechts- und parteifähig (bei Fortführung der Geschäfte als Personengesellschaft). Geben die Gesellschafter die Eintragungsabsicht auf, ist sie grundsätzlich nach den für die GmbH geltenden Regeln abzuwickeln, soweit diese nicht eine Eintragung voraussetzen. Wenn die Gesellschafter nach Aufgabe der Eintragungsabsicht die Gesellschaft fortsetzen, unterliegt diese dem Recht der BGB-Gesellschaft, soweit der Gewerbebetrieb keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sonst dem OHG-Recht (vgl. Rdn 13). Der Wechsel der Rechtsform berührt nicht die Identität der Gesellschaft.[43] Für die Abwicklung sind entsprechend § 66 Abs. 1 GmbHG die Geschäftsführer zuständig, nicht aber analog §§ 730 ff. BGB die Gesellschafter.[44] Die Vorgesellschaft kann durch Kündigung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund (z.B. dass ein Gesellschafter nicht zur Erbringung der Einlage imstande ist) entsprechend § 723 Abs. 3 S. 2 und S. 3 Nr. 1 BGB aufgelöst werden.

Eine Übertragung von "Geschäftsanteilen" (vgl. Rdn 170) der Vorgesellschaft ist nicht möglich. Diese entstehen erst mit der Eintragung in das Handelsregister. Gesellschafterwechsel erfordert die Änderung des Gesellschaftsvertrages. Auf einen fehlerhaften Gesellschafterwechsel sollen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anwendbar sein.[45]

[31] Mit der h.M. ist zu bejahen, dass auch ausländische Notare GmbH-Gesellschaftsverträge wirksam beurkunden können, wenn die Beurkundung der deutschen gleichwertig ist, vgl. BGHZ 199, 270 Rn 6 ff.; im Anschl. an BGHZ 80, 76 (Gleichwertigkeit bejaht für Urkundsbeamte eines Schweizer Notariats in Zürich (Altstadt)) und BGH ZIP 1987, 1052; LG Augsburg DB 1996, 1666 zur Beurkundung bei Zürcher Notariat; dagegen OLG München BB 1998, 119 zum Basel-Stadt Notar; vgl. auch Götte, DStR 1996, 709. Vgl. allg. z.B. Baumbach/Hueck/Fastrich, § 2 Rn 9; Ulmer/Ulmer/Löbbe, § 2 Rn 20 ff.; Heckschen, DB 2018, 369; Gleichwertigkeit ist nach der Lit. anzunehmen für österreichische Notare (vgl. zu diesen Becht/Stephan-Wimmer, GmbHR 2019, 45) sowie für die des sog. lateinischen Notariats in Italien, Frankreich, Spanien und den meisten Staaten Südamerikas, so Baumbach/Hueck/Fastrich, § 2 Rn 9 und Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 2 Rn 29 ff.; Gleichwertigkeit bejaht BGH ZIP 1989, 1054 bei niederländischen Notaren und KG v. 24.1.2018 – 22 W 25/16, NJW 2018, 1828 bei Schweizer Notaren aus dem Kanton Bern. Hier ist vieles im Fluss, so dass Berater Entwicklung der Rspr. eng beobachten muss. Regelmäßig macht ein formnichtiger Gesellschaftsvertrag in der Praxis keine Probleme, da die Eintragung den Formmangel heilt und die GmbH auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages wirksam entstehen lässt, h.M., Hachenburg/Ulmer, § 2 Rn 26; Ulmer/Ulmer/Löbbe, § 2 Rn 28; Scholz/Emmerich, § 2 Rn 20 f., 26 ; anders noch RGZ 54, 418; 83, 259. Für die entspr. Frage der Beurkundung einer Satzungsänderung erklärte der damalige Vorsitzende des BGH-Gesellschaftsrechtssenats, Bergmann, bei einer Diskussionsveranstaltung der VGR im Dezember 2014, das Registergericht habe die Gleichwertigkeit grundsätzlich nicht zu prüfen; nur wenn deren Fehlen auf der Hand liege (etwa bei höchstrichterlichen Rspr. zur fraglichen Beurkundungsperson), könne dies der Prüfungskompetenz unterfallen, vgl. Bergmann, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2014, 1, 11; aA Henssler/Strohn/Sc...

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