Rz. 181
Durch die Abtretung geht auf den Erwerber (Kenntnis nicht erforderlich) der Anteil mit allen mitgliedschaftlichen Pflichten und Rechten über, u.a. das Gewinnstammrecht (der Gewinnanspruch für der Übertragung vorangegangene Geschäftsjahre steht dem Erwerber zu, wenn der Jahresabschluss erst nach der Übertragung festgestellt wird; der Veräußerer hat mangels abweichender Vereinbarungen einen schuldrechtlichen Anspruch gem. § 101 Nr. 2 Hs. 2 BGB gegen den Erwerber auf anteiligen ausgeschütteten Gewinn). Abtretung wirkt inter omnes, der GmbH gegenüber gilt sie erst nach Eintragung der Abtretung in die Gesellschafterliste gem. § 16 Abs. 1 GmbHG (vgl. Rdn 172 ff.).
Rz. 182
Der Erwerber genießt Gutglaubensschutz (ähnlich §§ 398, 413 BGB). Die Regelung lehnt sich an § 892 BGB an. Wer einen Geschäftsanteil (oder z.B. ein Pfandrecht daran) erwirbt, soll darauf vertrauen dürfen, dass die in der Liste verzeichnete Person wirklich Gesellschafter ist: Der Erwerber kann gem. § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Anteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist (§ 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG, vgl. Rdn 179). Das gilt gem. § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG nicht, wenn die Liste bei Erwerb hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Gem. § 16 Abs. 3 S. 3 GmbHG auch kein gutgläubiger Erwerb, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder grob fahrlässig unbekannt oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Aus der Anlehnung an § 892 BGB ergibt sich mE der maßgebliche Zeitpunkt der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis der Unrichtigkeit: Damit § 892 BGB eingreifen kann, muss das Grundbuch im Zeitpunkt unrichtig sein, in dem sich der Rechtserwerb vollendet; dieser Zeitpunkt sollte daher auch nach § 16 Abs. 3 GmbHG maßgebend sein. Gem. § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG erfolgt die Zuordnung eines Widerspruchs aufgrund einstweiliger Verfügung oder Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Gem. § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG braucht eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden nicht glaubhaft gemacht zu werden; der Antragsteller muss die Gefährdung seiner Rechte vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist nach § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG darlegen. Der Widerspruch erschüttert nur die Gutglaubensfunktion der Liste, ändert nichts daran, dass im Verhältnis zur Gesellschaft gem. § 16 Abs. 1 GmbHG der in der Liste Genannte als Gesellschafter gilt. Bei einer solchen Unrichtigkeit muss der Geschäftsführer eine neue, richtige Liste einreichen (vgl. Rdn 24, 173).
Nach dem Gesetzeswortlaut besteht kein Schutz gegen Zwischenverfügung des Veräußerers bei bedingten Übertragungen: Veräußert ein Gesellschafter seinen Anteil aufschiebend bedingt, ist der Erwerber bis zum Bedingungseintritt und einer im Anschluss daran dem Handelsregister eingereichten aktualisierten Gesellschafterliste (vgl. Rdn 175) nach dem Wortlaut nicht vor Zwischenverfügungen des Veräußerers geschützt. Es ist indes nicht nötig, dem bedingten Erwerber die Möglichkeit einzuräumen, unverzüglich nach der Beurkundung einen Widerspruch gegen die Richtigkeit der bisherigen Gesellschafterliste gem. § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG zu erwirken, um einen zwischenzeitlichen gutgläubigen Zweiterwerb zu verhindern; denn nach dem BGH kann ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil nicht vor Bedingungseintritt vom Zweiterwerber gutgläubig erworben werden.
Rz. 183
§ 16 Abs. 3 GmbHG schützt nur den guten Glauben an die Rechtsinhaberschaft, nicht den an die Verfügungsbefugnis des Gelisteten.
Rz. 184
Gutgläubiger Erwerb setzt gem. § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG Erwerb "durch Rechtsgeschäft" voraus. Daher kein gutgläubiger Erwerb von Todes wegen. Allerdings ist gutgläubiger Erwerb vom Scheinerben möglich, wenn dieser als Erbe und damit Inhaber des Geschäftsanteils gelistet ist; veräußert er an einen gutgläubigen Dritten, kann dieser den Anteil gem. § 16 Abs. 3 GmbHG gutgläubig erwerben.
Rz. 185
§ 16 Abs. 3 GmbHG schützt nicht die Gutgläubigkeit in Hinblick auf die Lastenfreiheit des Anteils.
Rz. 186
ME ausgeschlossen ist gutgläubiger Erwerb nicht bestehender Anteile, die fälschlich in der Gesellschafterliste verzeichnet sind. Schon nach dem Wortlaut betrifft § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG nur die Frage, ob der Erwerber wirksam vom Nichtberechtigten erwerben kann. Das soll das Risiko bekämpfen, dass "der Anteil einem anderen als dem Veräußerer zusteht". Zweck ist also nur der Schutz des guten Glaubens an die Berechtigung des Veräußerers, nicht aber an die Existenz des Anteils. ME ist der Erwerber aber geschützt hinsichtlich der Stückelung von Anteilen: Wenn z.B. ein Gesellschafter nach der Gesellschafterliste zwei Geschäftsanteile von je 10.000 EUR hält, in Wirklichkeit aber nur ein Anteil über 20.000 EUR existiert, er...