Rz. 240
§ 55a Abs. 1 GmbHG bietet die Möglichkeit genehmigten Kapitals.
Rz. 241
Der Gesellschaftsvertrag kann die Geschäftsführer für höchstens fünf Jahre nach Eintragung der Gesellschaft ermächtigen, das Stammkapital bis zu einem bestimmten Nennbetrag – höchstens bis zur Hälfte des Stammkapitals zur Zeit der Ermächtigung – durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile gegen Einlagen zu erhöhen. Möglich ist gem. § 55a Abs. 2 GmbHG auch, die Ermächtigung zu erteilen durch Änderung des Gesellschaftsvertrages für höchstens fünf Jahre nach deren Eintragung. Gem. § 55a Abs. 3 GmbHG dürfen Geschäftsanteile gegen Sacheinlagen (§ 56 GmbHG) nur ausgegeben werden, wenn die Ermächtigung es vorsieht. Das genehmigte Kapital ist gem. §§ 10 Abs. 2 S. 1, 57 GmbHG im Handelsregister einzutragen (zur Anmeldung vgl. Rdn 222 ff.).
Rz. 242
Das GmbHG regelt das genehmigte Kapital nur lückenhaft; lückenfüllend sind grundsätzlich die aktienrechtlichen Regelungen der §§ 202 ff. AktG analog heranzuziehen. Z.B. darf die Geschäftsführung von der Ermächtigung nur Gebrauch machen, wenn die Einlagen auf das bisherige Stammkapital vollständig geleistet sind (§ 203 Abs. 3 S. 1 AktG analog). Mangels gesetzlicher ausdrücklicher Grundlage kommt entgegen h.M. keine Ermächtigung in Betracht, das Bezugsrecht der Altgesellschafter (vgl. allg. Rdn 236) auszuschließen.
Rz. 243
Streitig ist, ob die Gesellschafterversammlung der Geschäftsführung Weisungen für die Durchführung der Kapitalerhöhung erteilen darf. Der Beschluss der Geschäftsführer zur Erhöhung des Kapitals entspricht inhaltlich dem Gesellschafterbeschluss über eine ordentliche Kapitalerhöhung nach § 55 Abs. 1 GmbHG; er muss daher wie dieser insb. den Betrag der Kapitalerhöhung bezeichnen (vgl. Rdn 228) Ob es zulässig ist, im Rahmen des genehmigten Kapitals wie bei der ordentlichen Erhöhung (vgl. Rdn 228) betragsmäßig bestehende Geschäftsanteile aufzustocken, ist nicht geklärt.
Rz. 244
Für genehmigtes Kapital besteht bei der GmbH regelmäßig kein praktisches Bedürfnis. Bei der Beratung, ob sich genehmigtes Kapital empfiehlt, ist regelmäßig zu bedenken, dass dieses ein erhebliches Potential der Verschiebung von Machtverhältnissen und des Charakters der Gesellschaft mit sich bringen kann. Das ist besonders hoch bei Ermöglichung von Sacheinlagen nach § 55a Abs. 3 GmbHG. Diese bringen regelmäßig u.a. erhebliche Bewertungsprobleme mit sich und können das Geschäft der GmbH grundlegend verändern (man denke an die existenzbedrohende Krise, in die der Vorstand der HypoRealEstate AG die Gesellschaft durch Erwerb der Depfa plc. gebracht hat, ohne die Aktionäre vorher zu befragen). Auch die Festsetzung des auf einen neuen Geschäftsanteil zu zahlenden Agios ist sehr konfliktträchtig. Gesellschafter sind durch das Bezugsrecht nur unzulänglich geschützt. Denn da es die Geschäftsführer in der Hand haben, wann sie die Ermächtigung ausnutzen, kann sich für die Gesellschafter leicht die Situation ergeben, dass sie ihr Bezugsrecht überhaupt nicht ausüben können oder wollen, da ihnen die Konditionen zu unattraktiv erscheinen. Werden Bezugrechte nicht (voll) ausgeübt, steht der Restbetrag bezugswilligen Gesellschaftern, die ihr Bezugsrecht voll ausgeübt haben, nach dem Verhältnis ihrer vor der Kapitalerhöhung unter Außerachtlassung der nicht bezugswilligen Gesellschafter bestehenden Beteiligungsquoten zu (Bezugsrechte zweiter Stufe). So kann ein Geschäftsanteil leicht entwertet werden, und Gesellschafter müssen den unsicheren Weg gehen, Schadensersatzansprüche wegen rechtswidriger Ausnutzung des genehmigten Kapitals geltend machen.