I. Typischer Sachverhalt
Rz. 148
Geschäftsführer der Trakel und Kollegen Taxelex GmbH aus dem Fall D. I (vgl. Rdn 80) sind die Herren Baumeister und Meilinger. Zur Feststellung des Jahresabschlusses und zum Beschluss über die Ergebnisverwendung soll eine ordentliche Gesellschafterversammlung einberufen werden.
Alternativ:
Rz. 149
Die Gesellschafter Meier (Geschäftsanteil 50.000 EUR) und Gutmann (Geschäftsanteil 30.000 EUR) haben in Erfahrung gebracht, dass der Geschäftsführer Meilinger eine eigene Gesellschaft zum Vertrieb von branchenspezifischer Software gegründet hat, durch die er die Produkte der Trakel und Kollegen Taxelex GmbH in nur äußerlich leicht abgewandelter Form zu einem günstigeren Preis auf den Markt bringt. Sie wollen Meilinger als Geschäftsführer abberufen und Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend machen.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Funktion
Rz. 150
Die Gesellschafterversammlung ist das oberste interne Willensentscheidungsorgan der Gesellschaft; (nur) in Ausnahmefällen haben ihre Beschlüsse unmittelbare Auswirkungen. Für die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten ist i.d.R. die (vorherige) Geltendmachung von Auskunfts- und Einsichtsrechten bedeutsam (vgl. Rdn 82). Als ordentliche Gesellschafterversammlung bezeichnet man die zur Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses, die Ergebnisverwendung und die Entlastung der Geschäftsführer (ggf. AR-Mitglieder) (vgl. § 175 AktG). Die Gesellschafter haben – vorbehaltlich etwaiger mitbestimmungsrechtlicher Vorgaben (vgl. Rdn 107) – im Gesellschaftsvertrag weitgehend Gestaltungsfreiheit, welche Aufgaben und Kompetenzen ihnen und welche den Geschäftsführern zustehen. Diese sind jedenfalls nicht für Maßnahmen zuständig, die Grundlagen der Geschäftspolitik und deren Änderung betreffen oder die als ungewöhnliche Geschäfte einen schwerwiegenden Eingriff in die Stellung der Gesellschafter bedeuten. Der Kompetenz-Katalog der Gesellschafter in § 46 GmbHG ist dispositiv.
Stimmbindungsverträge sind grundsätzlich zulässig.
2. Mangelhaftigkeit von Beschlüssen
Rz. 151
Gesellschafterbeschlüsse können mangelhaft (nichtig oder anfechtbar) sein. Gesellschafter können die Mangelhaftigkeit mit Klagen geltend machen, bei formal (zumal von einem Versammlungsleiter) festgestellten Beschlüssen mit Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen. Diese sind regelmäßig fristgebunden. Das GmbHG enthält keine Regeln zu Beschlussmängeln; die ganz h.M. schließt die Lücke grundsätzlich durch Analogie zu §§ 241–257 AktG (meist beschränkt bis zur Novelle durch UMAG und ARUG) mit Besonderheiten, wenn diese die spezifischen Unterschiede zwischen den Gesellschaftsformen fordern. Im GmbH-Recht gilt auch die Unterscheidung zwischen nichtigen und "nur" anfechtbaren (d.h. nur aufgrund Anfechtungsklage für nichtig ...