Rz. 307
Die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen erfassen nach dem Gesetzeswortlaut die Gesellschafter (vgl. zu Dritten Rdn 309 f.). Nach § 16 Abs. 1 GmbHG gelten nur solche Personen als Gesellschafter, die in der Gesellschafterliste eingetragen sind (vgl. Rdn 172 ff.); für in der Gesellschafterliste nicht eingetragene Inhaber von Geschäftsanteilen kann daher mE allenfalls eine Haftung als Dritter in Betracht kommen (vgl. Rdn 309); das sieht die h.M. aber anders, da die Gesellschafterliste keine konstitutive Bedeutung für den Rechtsübergang habe.
Die Regelungen erfassen auch ehemalige Gesellschafter: Allein die Darlehensgewährung des Gesellschafters führt zur insolvenzrechtlichen Verstrickung. Die Rückzahlung eines Darlehens kann angefochten werden, wenn die GmbH das Darlehen innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgezahlt hat (dazu und zur Anfechtung bei Gewährung von Sicherheiten am GmbH-Vermögen vgl. Rdn 313). Das bedeutet nicht nur bei überraschender Krise ein erhebliches Haftungsrisiko. Dies führt zu folgender Gestaltungsempfehlung – deren steuerliche Sinnhaftigkeit im Einzelfall zu überprüfen ist: Gesellschafter sollten ihren Anteil nur zusammen mit dem ihrer GmbH gewährten Darlehen verkaufen; oder sie müssten sich das Darlehen zunächst zurückzahlen lassen und den Anteil erst ein Jahr nach Tilgung veräußern. So könnten Alt-Gesellschafter die Haftungsfalle vermeiden, wenn der Erwerber ihres Anteils die GmbH in die Pleite führt.
Rz. 308
§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 5 InsO sieht ein Kleinbeteiligtenprivileg vor: Die Regeln der Gesellschafterdarlehen gelten nur für Beteiligungen von mehr als 10 % "am Haftkapital", außer bei Gesellschafter-Geschäftsführern (einschl. faktischen; entscheidend ist nur die formale Position, nicht der Umfang der Geschäftsführer-Befugnisse). Maßgebend ist die Kapitalbeteiligung, nicht Stimmrecht oder Gewinnbeteiligung. Der BGH verneinte nach der Vorläufervorschrift § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG a.F. entgegen dem Gesetzeswortlaut das Privileg bei koordinierter Kredit-Vergabe. Das soll auch nach der Neuregelung gelten. Streitig war nach dem GmbHG a.F., ob die Regelung bei anderweitig begründeter unternehmerischer Einflussnahme einzuschränken oder bei fehlender Einflussmöglichkeit auszudehnen ist. ME ist solchen Erwägungen nicht zu folgen: Das Gesetz stellt mit der Beteiligung am Haftkapital typisierend auf eine eindeutige, klare Größe ab; der Einfluss des jeweiligen Gesellschafters auf die Geschäftsführung ist belanglos, wenn er nicht formal (ggf. faktisch) diese Position hat; Einzelfallbetrachtungen widersprechen der vom Gesetz gewollten typisierenden Betrachtung.
Maßgebender Zeitpunkt für die Beteiligungshöhe ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Für das Eingreifen der Privilegierung ist der Anfechtungszeitraum gem. § 135 InsO, § 6 AnfG einschlägig: Das Privileg ist unanwendbar für denjenigen, der innerhalb dieses Zeitraums den Schwellenwert überschreitet oder geschäftsführender Gesellschafter ist.