Rz. 290
Gem. § 31 GmbHG sind dem Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG zuwider geleistete Zahlungen der GmbH zu erstatten. Verpflichtet ist in erster Linie der (auch ausgeschiedene) Gesellschafter als Empfänger. Die Verpflichtung ist persönlicher Natur, nicht aber mit dem Anteil verbunden, so dass bei dessen Veräußerung der Erwerber nicht haftet.
Rz. 291
Der Anspruch geht auf vollständige verzinste Rückgewähr der verbotswidrigen Leistung, ohne Möglichkeit der Aufrechnung. Er ist nach dem BGH gerichtet auf die Rückgabe des verbotswidrig weggegebenen Vermögensgegenstandes. Demgegenüber ist nach K. Schmidt das bilanzielle Vermögen geschützt, nicht aber bestimmte Gegenstände; der Anspruch gehe auf Wiederherstellung des Vermögensstandes vor der Auszahlung habe. Andere Autoren geben den Gesellschaftern ein Wahlrecht: Z.B. könnten sie bei Austauschverträgen zu unangemessenen Konditionen wählen, statt den Gegenstand zurückzugeben, eine ausgleichende Zahlung zu leisten. Das überzeugt zumindest in Fällen nicht, in denen die verbotene Auszahlung der GmbH für den Betrieb bedeutende Vermögensgegenstände entzieht. Bei Unmöglichkeit der Rückgabe muss der Gesellschafter Wertersatz leisten. Hat sich nach der Auszahlung der Wert des Gegenstands vermindert, muss der Gesellschafter neben der Rückgabe grundsätzlich die Minderung in Geld ausgleichen, wenn er nicht beweist, dass dieselbe Wertminderung auch beim Verbleib des Gegenstands bei der GmbH eingetreten wäre. Ein gutgläubiger Empfänger haftet gem. § 31 Abs. 2 GmbHG nur insoweit, als die Erstattung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Wertsteigerungen sollen der GmbH gebühren.
Rz. 292
Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, haften die übrigen Gesellschafter für den zu erstattenden Betrag nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile gem. § 31 Abs. 3 S. 1 GmbHG, soweit er zur Befriedigung der GmbH-Gläubiger erforderlich ist. Bei Mitgesellschaftern nicht zu erlangende Beiträge werden nach § 31 Abs. 3 S. 2 GmbHG auf die übrigen Gesellschafter verteilt. Die Erforderlichkeit ist nach einer Überschuldungsbilanz unter Ansatz von Liquidationswerten zu ermitteln; bei der sind nach allgemeinen Grundsätzen u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 HGB) zu berücksichtigen. Die Haftung der Mitgesellschafter ist (selbst bei bestehender oder durch Auszahlung bewirkter Überschuldung) begrenzt auf den Betrag des Stammkapitals; sie mindert sich nicht um den eigenen Anteil des Gesellschafters am Stammkapital. Beispiel: Das Stammkapital beträgt 350.000 EUR; die fünf Gesellschafter halten jeweils 70.000 EUR; nach der BGH-Rspr. unterliegt jeder Mitgesellschafter gem. § 31 Abs. 3 GmbHG einer Ausfallhaftung von 350.000 EUR dividiert durch 4 = 87.500 EUR. Dabei unterliegen die anderen Gesellschafter für Ausfälle mithaftender Gesellschafter einer Ausfallhaftung. Die Gesellschafter sind also grundsätzlich geschützt gegen unbegrenzte Inanspruchnahme; ihr Risiko ist auf das Stammkapital begrenzt. Nicht geklärt ist die Folge von unzulässigen Mehrfachentnahmen. Die frühere Rspr. zu § 31 Abs. 3 GmbHG ist obsolet, wonach die Gesellschafter umfassend hafteten, die nach § 30 GmbHG unzulässige Leistungen schuldhaft durch Mitwirkung oder sonstige Einflussnahme in der GmbH gefördert hatten. Ggf. kommt in solchen Fällen eine Existenzvernichtungshaftung in Betracht (vgl. Rdn 331 ff.). Vgl. zum Regress beim Geschäftsführer nach § 31 Abs. 6 GmbHG Rdn 295.
Rz. 293
§ 31 GmbHG ist hinsichtlich der Rechtsfolgen lex specialis gegenüber §§ 134, 812 ff. BGB; der Anspruch geht nur auf die Differenz zwischen dem vereinbarten Wert der Einlage und dem tatsächlich niedrigeren Wert. Selbst beim bewussten Verstoß gegen § 30 GmbHG sind Verpflichtungs- bzw. Verfügungsgeschäfte nicht gesamtnichtig.
Ein einmal wegen eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG entstandener Erstattungsanspruch soll nach BGH nicht entfallen, wenn vor seiner Erfüllung das GmbH-Vermögen anderweitig bis zur Höhe des Stammkapitals nachhaltig aufgefüllt worden oder die Erstattung mit Rücksicht auf die Gläubigersituation nicht erforderlich ist. Die Ansprüche auf Erstattung verbotener Rückzahlungen nach § 31 Abs. 1 GmbHG verjähren in zehn Jahren, die gegen die Mitgesellschafter nach § 31 Abs. 3 GmbHG in fünf Jahren jeweils ab dem Tag der verbotenen Rückzahlung (§ 31 Abs. 5 GmbHG). § 31 Abs. 5 S. 3 i.V.m. § 19 Abs. 6 S. 2 GmbHG normiert Ablaufhemmung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 31 Abs. 4 GmbHG verbietet den Erlass von Zahlungsansprüchen der GmbH nach § 31 Abs. 1 bis 3 GmbHG. Streitig ist, ob über den Wortlaut des Abs. 4 hinaus auch die Leistung an Erfüllungs statt, Aufrechnung durch Gesellschafter und Stundung verboten sind; der BGH bejahte das zu § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG a.F.
Rz. 294
Die Haftung dritter Empfänger ist streitig: Grundsätzlich haftet...