I. Typischer Sachverhalt
Rz. 204
Herr Trakel aus dem Fall A. I. (siehe Rdn 1) ist verheiratet und hat fünf Kinder. Von den fünf Kindern interessiert sich die Tochter Valerie, die nach Ausbildung zur Finanzbeamtin einen Studiengang als Informatikerin abgeschlossen hat und schließlich Steuerberaterin geworden ist, für die Geschäfte der Taxelex GmbH. Seine anderen Kinder sind nicht an Rechtswissenschaft, schon gar nicht an Steuerrecht und erst recht nicht an Fragen im Hinblick auf Datenverarbeitung/Software interessiert. Er möchte wissen, ob es sich empfiehlt, den Gesellschaftsvertrag der Taxelex GmbH (siehe Rdn 51 ff.) zu ändern, da er Valerie die Möglichkeit geben möchte, einmal das väterliche Unternehmen zu übernehmen.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Grundsatz: Vererblichkeit
Rz. 205
Gem. § 15 Abs. 1 GmbHG sind Geschäftsanteile vererblich. Beim Tode eines Gesellschafters löst sich die Gesellschaft nicht auf. Vielmehr geht die Mitgliedschaft mit dem Erbfall grundsätzlich so auf die/den Erben über, wie sie beim Erblasser bestand. Insofern unterscheidet sich die GmbH von der Personengesellschaft. Anders als bei dieser ist der GmbH-Anteil frei vererblich, und der GmbH-Gesellschaftsvertrag kann keine Sonderrechtsnachfolge begründen. Gem. § 16 Abs. 1 GmbHG ist der Erbe im Verhältnis zur GmbH erst dann Gesellschafter, wenn er in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste verzeichnet ist; für Erben stellen sich Gefahren gutgläubigen Erwerbs, wenn die Liste Scheinerben enthält (vgl. Rdn 172 ff., 176 ff., 181 ff.). Auch bei Mehrzahl von Erben unterscheidet sich die erbrechtliche Lage gegenüber der Personengesellschaft: Bei der GmbH erwerben die Erben den Anteil nicht pro rata ihrer Erbquote, sondern die Erbengemeinschaft als solche erwirbt diesen zur gesamten Hand. Die Erben üben die Rechte gemeinschaftlich aus (§ 18 Abs. 1 GmbHG), z.B. durch einen gemeinschaftlichen Vertreter. Die Ausübung der Rechte durch Mitberechtigte richtet sich nach den Vorschriften des jeweiligen Gemeinschaftsverhältnisses; so können die Miterben einer ungeteilten Erbengemeinschaft mit Mehrheit beschließen (§ 2038 Abs. 2 S. 1, § 745 Abs. 1 S. 1 BGB). Sind alle Miterben in einer Gesellschafterversammlung anwesend, kann ihr Mehrheitsvotum unmittelbar als einheitliche Stimmabgabe gewertet werden. Die Miterben können über ihren Geschäftsanteil nur einstimmig verfügen (§ 2040 BGB). Abtretung des Geschäftsanteils im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (etwa im Wege der Realteilung des Anteils nach Teilung gem. § 46 Nr. 4 GmbHG oder zur Übertragung an Dritte oder Gesellschafter) unterliegt gesetzlichen Formvorschriften und regelmäßig auch gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen (vgl. Rdn 170 ff.). Verwaltungsmaßnahmen (z.B. Beschlussfassungen in laufenden Angelegenheiten der GmbH) können die Erben mit Stimmenmehrheit (bemessen nach den Erbquoten) vornehmen (§§ 2038 Abs. 2, 744 ff. BGB). Der Erbe haftet für rückständige Einlagen und Nachschüsse, aber gem. § 2059 BGB beschränkbar.
Von der Verfügung über den Geschäftsanteil zu unterscheiden ist die Verfügung über den Erbteil (§ 2033 BGB). Diese ist keine Abtretung i.S.d. § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG, für sie gelten insb. nicht gesellschaftsvertragliche Beschränkungen. Erbteile sind frei übertragbar (§ 2033 Abs. 1 S. 1 BGB). Miterben brauchen nicht zuzustimmen. Sie haben aber ein Vorkaufsrecht (§§ 2034 f. BGB). Der Vertrag zur Übertragung bedarf notarieller Beurkundung (§ 2033 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Anteilsübertragung kann ein Mittel der Erbauseinandersetzung sein. Der Übertragende scheidet aus der Erbengemeinschaft aus. Vinkulierungsklauseln in Gesellschaftsverträgen gelten nicht für die Erbteilsübertragung; der Erwerber kann aber schuldrechtlich verpflichtet sein, hinsichtlich des Geschäftsanteils die satzungsmäßige Rechtslage wieder herzustellen. Streitig ist, inwieweit Vinkulierungsklauseln bei der Nachfolge von Todes wegen gelten, wenn der Erblasser mittels Teilungsanordnung bestimmt, dass ein bestimmter Erbe einen Geschäftsanteil allein bekommen soll und sich die Erben entsprechend auseinandersetzen wollen, dem aber ein Vorbehalt der Genehmigung im Vertrag der GmbH entgegensteht und diese nicht genehmigt.