1. Haftungsbeschränkung praktisch ohne Mindestkapital
Rz. 86
Das MoMiG (vgl. Rdn 3) hat als Kompromiss für die Beibehaltung des Mindestkapitalerfordernisses von 25.000 EUR (vgl. Rdn 31) die "Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" erfunden. Diese ist keine besondere Rechtsform, sondern eine Sonderform der GmbH. Sie ist ein Erfolgsmodell – mit jährlichen Wachstumsraten weitaus höher als bei gewöhnlichen GmbHs. § 5a Abs. 1 GmbHG definiert sie als GmbH, die den Betrag des Mindestkapitals von 25.000 EUR (§ 5 Abs. 1 GmbHG, vgl. Rdn 31) unterschreitet. Die Untergrenze des Kapitals ist 1 EUR, da mindestens ein Geschäftsanteil bei der Gründung zu zeichnen ist.
Rz. 87
Als Bezeichnung schreibt § 5 Abs. 1 GmbHG "UG (haftungsbeschränkt)" oder "Unternehmensgesellschaft (haftungsbeschränkt") vor. Das Wörtchen "haftungsbeschränkt" darf nicht abgekürzt werden – anders als bei der klassischen GmbH (§ 4 GmbHG). Die Firmierung als klassische GmbH birgt Haftungs- und Anfechtungsrisiken. Der BGH bejaht Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB, wenn eine solche Gesellschaft zu Unrecht mit dem Rechtsformsatz "GmbH" auftritt; der Handelnde hafte nicht nur nach den Grundsätzen der Unterbilanzhaftung, sondern persönlich gegenüber dem auf den Rechtsschein vertrauenden Vertragspartner – was nicht überzeugt, zumal auch bei der regulären GmbH der Vertragspartner kein Vertrauen haben kann, dass das statutarische Stammkapital noch vorhanden ist. Sonstige Anforderungen an die Firmierung, die über das allgemeine Firmenrecht hinausgehen würden (Rdn 27 f.), gibt es nicht.
2. Zielgruppen
Rz. 88
Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) soll es Existenzgründern einfach machen, ihre Ziele in Angriff zu nehmen; in Kombination mit dem Musterprotokoll seien Flexibilität, Schnelligkeit, Einfachheit und Kostengünstigkeit erreicht. Sie soll auch für kurzfristige, riskante, aber wenig kapitalintensive Geschäfte nutzbar sein. Grundsätzlich ist sie mangels abweichender gesetzlicher Regelung als Rechtsform überall dort einsatzfähig, wo auch die GmbH zugelassen ist und gesetzlich kein höheres Mindeststammkapital gefordert wird. Streitig, mE zu bejahen ist die Verwendung als Komplementärin; die Forderung, die Gesellschaft müsse mit Blick auf die Pflicht zur Rücklagenbildung nach § 5a Abs. 3 GmbHG jedenfalls am Gewinn der OHG/KG beteiligt sein, überzeugt angesichts der unstreitigen unbegrenzten Einsatzmöglichkeit einer AG als Komplementärin ungeachtet der Regelung von § 170 Abs. 2 AktG nicht. Die Pflicht zur Rücklagenbildung steht aus denselben Gründen dem Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags mit der Unternehmensgesellschaft (haftungsbegrenzt) als abführungspflichtige Organgesellschaft nicht entgegen; das Gegenargument Gläubigerschutz ist nicht einschlägig, da die Obergesellschaft nach § 303 AktG eine Verlustausgleichspflicht trifft und es daher des Gläubigerschutzes durch Rücklagen der Unternehmergesellschaft nicht bedarf. Diese kann grundsätzlich auch Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft sein. Sie kommt auch als Rechtsanwalts-, Patentanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft in Betracht, nicht aber als Wirtschaftsprüfergesellschaft (vgl. § 26 Abs. 6 WPO).