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Es gibt viele Möglichkeiten, die Interessen einzelner Minderheitsgesellschafter oder diese insgesamt zu schützen. Einige Beispiele:

Gesellschafterversammlungen

Quorum für Beschlussfähigkeit (z.B. die Hälfte des Stammkapitals)
Einberufungsrecht für Gesellschafterversammlungen durch jeden Gesellschafter (vgl. § 50 Abs. 1, 3 GmbHG)
Gesicherte Teilnahme von Beratern in Begleitung oder anstelle der Gesellschafter nach deren freier Wahl[259]
Einstimmigkeit von Gesellschafterbeschlüssen bei Satzungsänderungen, Unternehmensverträgen,[260] Umwandlungen oder Verschmelzungen
Lange Anfechtungsfrist von Gesellschafterbeschlüssen

Geschäftsanteile

Freie Abtretbarkeit
Verpflichtung zur Erteilung einer Zustimmung zum Verkauf von Geschäftsanteilen, wenn die Gesellschafter kein Vorkaufsrecht ausüben
Klauseln zur Verpflichtung des/der anderen Aktionäre oder Anspruch gegenüber diesen, Geschäftsanteile zu erwerben[261]

Jahresabschluss

Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses drei Monate nach Ende des Geschäftsjahres
In Satzung festgelegte Mindestausschüttung des Jahresergebnisses, um Hungerdividende zu verhindern[262]

Geschäftsführung

Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit qualifizierter Mehrheit bei bestimmten Einzelmaßnahmen
Sonderrecht für die Gesellschafter, Geschäftsführer zu sein, ggf. mit Einzelgeschäftsführungs- und Einzelvertretungsbefugnis

Kapitalmaßnahmen

Einforderung des Stammkapitals ohne speziellen Gesellschafterbeschluss
Nachschüsse gem. § 26 GmbHG nur mit qualifizierter Mehrheit

Auflösungsklage/Kündigung[263]

Verringerung des Quorums für die Auflösungsklage gem. § 61 Abs. 2 GmbHG
Einräumung eines Kündigungsrechtes des einzelnen Gesellschafters oder einer Gruppe von Gesellschaftern, die zum Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters oder zur Auflösung der Gesellschaft führt

Liquidation

Recht auf Bestellung und Abberufung von Liquidatoren mit einem geringeren Quorum als die 10 % des Stammkapitals gem. § 66 Abs. 2 GmbHG

Einziehung von Geschäftsanteilen

Festlegung einer hohen Einziehungsvergütung

Erweiterung der Auskunfts- und Einsichtsrechte nach §§ 51a f. GmbHG[264]

z.B. durch schriftliche Auskunft oder hohes Quorum für Beschluss zur Auskunft- und Einsichtsverweigerung
Anspruch auf vorherige Information über und Teilnahme an Selbstanzeigen[265]
Steuerklauseln[266]
[259] Vgl. Scholz/Seibt, § 48 Rn 26; OLG Düsseldorf GmbHR 1992, 611; OLG Stuttgart GmbHR 1994, 257; OLG Stuttgart GmbHR 1997, 1107; dazu Priester/Röhrich, JbFStR 1998/99, 231, 265 ff.; Treuepflicht der Gesellschafter kann auch ohne Satzungsregel Zulassung gebieten, wenn schwerwiegende Entscheidungen zu treffen sind und Gesellschaftern Sachkunde fehlt, OLG Naumburg GmbHR 1996, 933, 934; OLG Stuttgart GmbHR 1997, 1107; Anwesenheitsrecht durchsetzbar durch einstweilige Verfügung, OLG Düsseldorf GmbHR 2002, 67.
[260] Insoweit ohnehin nach h.M. gesetzlicher Standard bei Untergesellschaft, vgl. Scholz/Emmerich, Anh. § 13 KonzernR, Rn 143 ff.; Baumbach/Hueck/Beurskens, Anh. KonzernR, Rn 106; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 293 Rn 43a; Schmidt, § 38 III 29; ähnlich Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn 199; Ulmer/Casper, Anh. § 77 Rn 189; Michalski/Servatius, Syst. Darst. 4, Rn 77; aA Henze, HdB GmbHR, Rn 1445 f.; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn 49 ff.; bei Abfindung/Ausgleich analog §§ 304 f. AktG.
[261] Vgl. zu sog. "Shoot out-", "Russian Roulette-" und "Texas Shoot out-"Klauseln und der Verpflichtung, Geschäftsanteile anderen Gesellschaftern zu veräußern und Preisbildungsmechanismen hierfür vorzusehen, jüngst OLG Nürnberg NZG 2014, 222; Wachter, EWiR 2014, 139; Hug, DB 2014, 470; Schaper, DB 2014, 812; Schmolke, ZIP 2014, 897; Weidmann, DStR 2014, 1500.
[262] Vgl. dazu allg. Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, § 29 Rn 23 ff.; nach OLG Brandenburg GmbHR 2009, 825 können überhöhte Gewinnthesaurierungen der GmbH bewirken, dass die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen den Gesellschafter (z.B. auf Darlehensrückzahlung) gegen Treuepflicht verstößt und rechtsmissbräuchlich ist.
[263] Vgl. Hülsmann, GmbHR 2003, 198; BGH DStR 1997, 1336; OLG Köln GmbHR 1996, 609, 610.
[264] Vgl. zu den zwingenden Rechten neben den Kommentaren zu §§ 51a f. GmbHG aus der Lit. z.B. von Bitter, ZIP 1981, 825; Grunewald, ZHR 146 (1982), 211; Hirte, BB 1985, 2208; Karl, DStR 1995, 940; Kiethe, DStR 1993, 1708; Lutter, ZGR 1982, 1; Schmidt, ZHR 1984, Heft 57; Robrecht, GmbHR 2002, 692; Gustavus, GmbHR 1989, 181; vgl. aus der Rspr. OLG Hamm GmbHR 2002, 913; OLG Naumburg GmbHR 2002, 1032. Häufig werden (regelmäßig zu Unrecht) datenschutzrechtliche Gründe angeführt, um den Informationsanspruch zu beschränken, vgl. Leinekugel/Weigel, GmbHR 2015, 393. Gesellschafter sollen auch dann die Einsichtsrechte haben, wenn sie sich einem Konkurrenzunternehmen angeschlossen haben, freilich mit der Einschränkung, dass die Entgegennahme der Information durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten, für beide Seiten vertrauens...

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