I. Typischer Sachverhalt
Rz. 281
Herr Trakel (T) ist nach wie vor Alleingesellschafter der Taxelex GmbH des Falles A. I. (siehe Rdn 1). Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Herr Gierig (G). Herr Trakel hat eine minderjährige Tochter Susanne (S). Die GmbH verkauft S eine Computeranlage für 50.000 EUR. T verpflichtet sich in den Verträgen, S die 50.000 EUR darlehensweise zur Verfügung zu stellen. Datum der entsprechenden Vereinbarung und des Kaufvertrages ist der 12. Mai 01. Am 5. März 02 weist T den G an, mit den 50.000 EUR sein Verrechnungskonto bei der GmbH zu belasten, auf dem diese ihr von T darlehensweise belassene Gewinntantiemen und Spesenerstattung verbucht hatte, und der S gutzuschreiben. So sollte die Kaufpreisforderung der GmbH gegen S durch Verrechnung erfüllt werden. Am 12. November 02 wird über die GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter Klein (K) klagt auf Zahlung der 50.000 EUR.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Erhaltung des Stammkapitals
a) Grundsätze
Rz. 282
Gem. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darf die GmbH das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen an die Gesellschafter nicht auszahlen (Auszahlungsverbot). Die bilanzielle Betrachtung ist gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GmbHG maßgebend für die Beurteilung der (Un-)Zulässigkeit der Auszahlung. Das Verbot gilt gem. § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG nicht bei (1) Leistungen, die durch einen "vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter" gedeckt sind“ sowie (2) Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages (§ 291 AktG). Erbringt die GmbH trotz des Verbots unzulässig die Leistung, besteht die gesellschaftsrechtliche Erstattungspflicht gem. § 31 GmbHG (vgl. Rdn 289 f.). Zudem haften die Geschäftsführer (auch die faktischen, zu deren Haftung allg. vgl. Rdn 124). Das Verbot ist streng auszulegen. Es verbietet jede Umgehung, ist aber kein Schutzgesetz gem. § 823 Abs. 2 BGB: Gläubiger soll es hinreichend schützen, dass sie den Anspruch der GmbH nach § 31 GmbHG pfänden und sich überweisen lassen können. Auch die beabsichtigte Umgehung des Verbots zieht nicht die Folgen der §§ 134, 812 ff. BGB nach sich.
§ 43a GmbHG ergänzt das Auszahlungsverbot um das Verbot einer Kreditgewährung an Geschäftsführer, andere gesetzliche Vertreter (Liquidatoren), Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte; diesen darf Kredit nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen gewährt werden. Es erfasst zwar nicht leitende Angestellte, Aufsichtsratsmitglieder (selbst bei maßgebendem Einfluss auf die Geschäftsführung) und Gesellschafter, verbietet aber Kredite einer GmbH & Co. KG an Geschäftsführer, Prokuristen etc. der Komplementär-GmbH sowie verdeckte oder mittelbare Zuwendungen an Strohmänner, Ehegatten oder minderjährige Kinder, die dem Geschäftsführer etc. zuzurechnen sind. Ungeklärt ist, ob § 43a GmbHG Kredite an verbundene Unternehmen und deren Organmitglieder verbietet.