Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 409
Da der durch eine betriebliche Übung begründete Anspruch Vertragsbestandteil ist, kann er nur durch eine einvernehmliche Aufhebung oder Abänderung des Arbeitsvertrages oder eine Änderungskündigung beseitigt werden. Die früher von der Rechtsprechung akzeptierte, sog. gegenläufige betriebliche Übung ist durch die Rechtsprechungsänderung des BAG nicht mehr zulässig (BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08). Eine einseitige Änderung durch den Arbeitgeber ist bei bestehendem Arbeitsverhältnis nicht möglich (BAG v. 25. 11. 2009 – 10 AZR 779/08).
Rz. 410
Nach der st. Rspr. des BAG konnte zwar ein Anspruch aus betrieblicher Übung durch eine geänderte betriebliche Übung aufgehoben werden. Mit einer gegenläufigen betrieblichen Übung über einen längeren Zeitraum hinweg kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein verschlechterndes Änderungsangebot unterbreiten, das allerdings von diesem angenommen werden muss. Nach der späteren Rechtsprechung des BAG ist hingegen nicht mehr von einer stillschweigenden Annahme durch schlichtes untätig sein des Arbeitnehmers auszugehen (BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08). Der 10. Senat stellt hierzu zutreffend auf die AGB-Kontrolle ab und begründet den Rechtsprechungswechsel damit, dass eine dreimalige widerspruchslose Annahme einer vom Arbeitgeber unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit gezahlten Gratifikation nach § 308 Nr. 5 BGB nicht mehr den Verlust eines vertraglichen Anspruchs auf die Gratifikation bewirken kann. Das BAG führt hierzu weiter aus, dass nach dieser Vorschrift in AGB insb. eine Bestimmung unwirksam ist, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Die Bestimmung beruht auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Sie bezweckt, dass der zu den wesentlichen Prinzipien des Privatrechts gehörende Grundsatz, wonach Schweigen i.d.R. keine Willenserklärung ist, durch AGB nur in engen Grenzen änderbar ist. § 308 Nr. 5 BGB verbietet den Vertragsparteien zwar nicht, zu vereinbaren, dass das Schweigen einer Partei zu einem Antrag der anderen Partei als Annahmeerklärung anzusehen ist. Die Vorschrift untersagt fingierte Erklärungen jedoch für den Fall, dass die drohende Fiktionswirkung dem Vertragspartner des Klauselverwenders nicht hinreichend bewusst gemacht und ihm keine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt wird (BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08).