Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
a) Grundsatz
Rz. 1087
Selbst bei weitestgehender Einräumung des Nutzungsrechtes an den Arbeitgeber bleibt der Arbeitnehmer in jedem Fall Inhaber des Urheberpersönlichkeitsrechtes, aus welchem eine Vielzahl von Einzelberechtigungen erwächst. Dieses Recht ist ein Ausschnitt aus dem verfassungsrechtlich gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 1 und 2 GG) und in § 11 UrhG generalklauselartig geregelt. Das Urheberpersönlichkeitsrecht findet sich in zahlreichen Einzelbestimmungen wie z.B. in den §§ 12, 13, 14, 25, 39 und 62 UrhG. Erfasst werden aber nur die Beziehungen zu einem konkreten Werk und nicht das Werkschaffen eines Urhebers in seiner Gesamtheit (BGH v. 25.5.1954 – I ZR 211/53; BGH v. 8.6.1989 – I ZR 135/87).
Rz. 1088
Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist wie das Urheberrecht insgesamt nicht übertragbar und auch nicht verzichtbar, auch nicht im Arbeits- oder Dienstverhältnis (§ 29 Abs. 1 UrhG).
Rz. 1089
Die aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht fließenden Einzelberechtigungen gelten auch innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses (Dreier/Schulze, UrhG, § 43 Rn 34). Allerdings unterliegt das Urheberpersönlichkeitsrecht im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses bei Nutzungen innerhalb des Betriebszweckes Einschränkungen, da dem Urheberpersönlichkeitsrecht das Verwertungsinteresse des Arbeitgebers bzw. Dienstherren gegenübersteht.
Rz. 1090
Es ist eine Frage der Abwägung im Einzelfall, inwieweit das Urheberpersönlichkeitsrecht des Arbeitnehmerurhebers durch das Verwertungsinteresse des Arbeitgebers eingeschränkt wird. Soweit in Bezug auf die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse weder arbeits- noch tarifvertragliche Regelungen vorliegen, ist dabei grds. die sog. Zweckübertragungslehre (§ 31 Abs. 5 UrhG) anzuwenden, um festzustellen, ob die Einschränkungen dieser Rechte überhaupt geboten sind. Dabei darf die Entfaltung der Arbeitnehmerpersönlichkeit nach § 75 Abs. 2 BetrVG in keinem Fall behindert werden (Wandtke/Haupt, Die Rechte der Urheber und ausübenden Künstler im Arbeits- und Dienstverhältnis, Rn 129).
aa) Veröffentlichungsrecht
Rz. 1091
Nach § 12 Abs. 1 UrhG hat der Urheber das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist. § 6 Abs. 1 UrhG definiert den Begriff der "Veröffentlichung" dahin gehend, dass das geschaffene Werk mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Arbeitgeber können die ihnen eingeräumten Nutzungsrechte regelmäßig nur ausüben, wenn auch die Veröffentlichung des Werks gestattet wird. Daher muss der Arbeitnehmer in dem Umfang, in dem er verpflichtet ist, Nutzungsrechte einzuräumen, auch das Veröffentlichungsrecht einräumen (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 87; Schricker/Loewenheim/Rohjan/Frank, UrhG, § 43 Rn 73).
bb) Anerkennung der Urheberschaft und Recht auf Namensnennung
Rz. 1092
Die Anerkennung der Urheberschaft, welche den Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts ausmacht, gibt dem Urheber das Recht, gegen jeden vorzugehen, der seine Urheberschaft bestreitet oder sich selbst dieser berühmt (§ 13 S. 1 UrhG). Es ist als aus dem Schöpferprinzip abgeleitetes Recht grds. unverzichtbar und auch nicht durch Arbeits- bzw. Dienstvertrag beschränkbar (Schricker/Loewenheim/Rohjan/Frank, § 43 Rn 76 ff.). Ausnahmen ergeben sich nur dann, wenn der Arbeitnehmer gerade dazu verpflichtet ist, Werke zu schaffen, die im Namen eines anderen veröffentlicht werden (z.B. Ghostwriter). Arbeitnehmer die als Ghostwriter verpflichtet sind, verzichten auf das Recht der Anerkennung der Urheberschaft (KG Berlin v. 9.4.1976 – 5 U 731/76).
Rz. 1093
Das in § 13 S. 2 UrhG niedergelegte Recht der Namensnennung ist ebenso aus dem Recht der Urheberschaft abzuleiten. Es ist ebenso wenig übertragbar wie das Urheberpersönlichkeitsrecht und es kann jedenfalls grds. hierauf auch nicht verzichtet werden. Ein Verzicht im Einzelfall ist möglich (Schricker/Loewenheim/Rojahn/Frank, UrhG, § 43 Rn 79).
Rz. 1094
Auch der Arbeitnehmer als Urheber hat das Recht, dass sein Name genannt wird oder eine andere Urheberbezeichnung an seinem Werk angebracht wird. Die Ausübung der Namensnennung ist im Arbeitsverhältnis allerdings durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Branchenübung (sofern nicht missbräuchlich) oder sogar stillschweigend abdingbar (BGH v. 28.4.1972 – I ZR 108/70; für Beispiele zur Branchenübung s. Schricker/Loewenheim/Rohjan/Frank, UrhG, § 43 Rn 82). Voraussetzung für eine Untersagung der Namensnennung ist stets eine umfassende Interessenabwägung. Der Arbeitgeber ist zur Untersagung der Namensnennung demnach nur berechtigt, wenn sich eine Notwendigkeit ergibt. Eine Notwendigkeit liegt insbesondere vor, wenn die wirtschaftliche Verwertung durch die Namensnennung oder Signierung gefährdet wird (OLG München v. 3.7.1967 – 6 U 1270/66). Im digitalen Bereich werden die Interessen des Arbeitnehmers selten überwiegen, da eine Namensnennung durch Link, Text oder Alt-Text (d.h. ein im Quellcode der Internetseite hinterlegter Begleittext zum Bild) die Werkwirkung kaum relevant beeinträchtigen dürfte (s. auch Dreier/Schulze, UrhG, § 43 Rn 36).
Rz. 1095
Das Re...