Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
a) Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf arbeitnehmerähnliche Personen
Rz. 729
Nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB werden von der AGB-Kontrolle alle Arbeitsverträge erfasst. Dies sind die Verträge, die eine Arbeitnehmereigenschaft begründen. Verträge mit arbeitnehmerähnlichen Personen wurden auch bisher schon der vollen Kontrolle nach dem AGBG unterworfen. Diese Personen sollten nicht von der Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG a.F. erfasst werden (ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 136; Staudinger/Schlosser, BGB, § 23 AGBG Rn 2). Nach der Novellierung der AGB-Vorschriften findet diese Auffassung eine normative Bestätigung. Für arbeitnehmerähnliche Personen gelten damit die §§ 305 ff. BGB ebenfalls (Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 57).
Rz. 730
Dennoch dürfen Arbeitsverträge als Verbraucherverträge und Verträge mit arbeitnehmerähnlichen Personen nicht gleichgesetzt werden, denn die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind nach § 310 Abs. 4 BGB nur bei Arbeitsverträgen, nicht dagegen bei Beschäftigungsverhältnissen mit arbeitnehmerähnlichen Personen zu berücksichtigen. Dies rechtfertigt sich daraus, dass die arbeitnehmerähnlichen Personen wirtschaftlich abhängig und damit sozial schutzbedürftig sind, Arbeitnehmer i.S.d. Arbeitsrechtes sind sie aber nicht. Arbeitnehmerähnliche Personen unterfallen auch bei der Begründung ihres Beschäftigungsverhältnisses nicht der Legaldefinition des § 13 BGB. Sie sind deshalb insoweit keine Verbraucher, weshalb § 310 Abs. 3 BGB keine Anwendung finden kann. Als weitere konkrete Folge für die Rechtsanwendung ergibt sich, dass die §§ 305 ff. BGB keine Anwendung finden, wenn sie nur zur einmaligen Verwendung bestimmt waren (Däubler u.a., AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Einl. Rn 75; Lakies, AGB im Arbeitsrecht, Rn 47).
b) Eigenschaft als arbeitnehmerähnliche Person
Rz. 731
Eine arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. Arbeitsrechtes ist bei einer wirtschaftlichen Abhängigkeit anzunehmen. Nicht entscheidend ist dagegen eine persönliche Abhängigkeit (BAG v. 17.6.1999, NZA 1999, 1175 [BAG 17.6.1999 – 5 AZB 23/98]; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn 134). Bei einer arbeitnehmerähnlichen Person kommt es deshalb nicht zu einer Eingliederung in die betriebliche Organisation. Es verbleibt der arbeitnehmerähnlichen Person die freie Disposition über die Arbeitszeit und den Arbeitsort. Die arbeitnehmerähnliche Person ist deshalb persönlich nicht abhängig. Anstelle dessen tritt die wirtschaftliche Abhängigkeit. I.d.R. sind arbeitnehmerähnliche Personen Selbstständige (BAG v. 30.8.2000 – 5 AZB 12/00, NZA 2000, 1359). Eine Legaldefinition hierzu findet sich in § 12a Abs. 1 TVG. Nach dieser Definition ist eine arbeitnehmerähnliche Person anzunehmen, wenn sie wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig ist. Diese Definition ist für die Rspr. auch außerhalb des Tarifrechts entscheidend (BAG v. 16.7.1997 – 5 AZB 29/96, NZA 1997, 1126). Dabei sollen für die Annahme der sozialen Schutzbedürftigkeit die gesamten Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung maßgeblich sein. Es kann dazu kommen, dass eine arbeitnehmerähnliche Person für mehrere Auftraggeber tätig ist, dass die Beschäftigung für einen von ihnen überwiegt und die daraus fließende Vergütung die entscheidende Existenzgrundlage darstellt. Zu denken ist an Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende, ständige freie Mitarbeiter der Rundfunk- und Fernsehanstalten (Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 57).