Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
a) Im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis abgeschlossene Verträge
Rz. 732
Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB finden auf solche Verträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die keine Arbeitsverträge sind, uneingeschränkte Anwendung. Zu nennen sind dabei Miet-, Darlehens- oder Kaufverträge, für deren Abschluss zwar das Arbeitsverhältnis den Anlass bietet, welche aber dennoch rechtlich vom Arbeitsverhältnis zu trennen sind (BAG v. 26.5.1993, BB 1993, 1779; LAG Saarland v. 29.4.1987, NZA 1988, 164; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 310 BGB Rn 140). Das BAG hat bspw. eine Klausel in AGB über den Verkauf von Autos an Werksangehörige wegen des Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 9 Abs. 1 AGBG a.F. für unwirksam gehalten (BAG v. 26.5.1993, DB 1993, 1779). In derartigen Austauschverträgen ist zu beachten, dass die Bereichseinschränkung des § 310 Abs. 4 S. 2 BGB nicht gilt. Die Besonderheiten des Arbeitsrechtes können bei dieser Art von Vertragsgestaltung keine Berücksichtigung finden (Lakies, AGB im Arbeitsrecht, Rn 126).
b) Arbeitsverträge i.S.v. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB
Rz. 733
Arbeitsverträge sind nunmehr der AGB-Kontrolle unterworfen, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB. Gleichzeitig müssen aber die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen Berücksichtigung finden. Dies kann zu einer Änderung des Kontrollmaßstabes im Vergleich zu anderen Verträgen führen. Besondere Aufmerksamkeit ist deshalb der Abgrenzung zwischen Arbeitsverträgen und sonstigen Vertragsarten zu widmen. Insb. gilt dies für die Abgrenzung zwischen Arbeitsverträgen und freien Dienstverträgen.
Hinweis
Ist eine Arbeitnehmereigenschaft anzunehmen, so liegt i.d.R. ein Arbeitsvertrag vor. Es kommt entscheidend auf die tatsächliche Durchführung des Rechtsverhältnisses an, insoweit herrscht Rechtsformenzwang.
Rz. 734
Arbeitnehmer ist nach der Rspr., wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG v. 6.7.1995 – 5 AZB 9/93, NZA 1996, 33; BAG v. 10.4.1991, NZA 1991, 856). Eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers ist dann anzunehmen, wenn er dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers hinsichtlich des Inhaltes, der Durchführung, der Zeit, der Dauer und des Ortes der Tätigkeit unterliegt. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt vielfach von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich dabei nicht aufstellen. Zu überlegen ist, dass manche Tätigkeiten sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbracht werden können. Die Rspr. hat sich deshalb auf eine typologische Abgrenzung eingestellt (BAG v. 23.4.1980, AP Nr. 34 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
c) Aufhebungs- und Abwicklungsverträge
Rz. 735
Auch sog. Aufhebungs- und Abwicklungsverträge können einer AGB-Kontrolle unterzogen werden (Thüsing/Leder, BB 2004, 42, 43 f.; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 62 ff.). Zentralnorm der AGB-Kontrolle ist danach § 307 BGB.
Rz. 736
Die Frage der Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf Aufhebungsverträge ist bei dem Eingreifen des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, also bei Vorliegen eines Verbrauchervertrages, zu bejahen. Da Aufhebungs- bzw. Abwicklungsverträge oftmals nur zur einmaligen Verwendung formuliert werden, kann die mehrmalige Verwendungsabsicht als Tatbestandsmerkmal des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB oftmals nicht anzunehmen sein. Eine Anwendung des AGB-Rechts findet dann nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB statt. Vor dem Hintergrund des § 307 BGB bleibt aber kontrollfrei die Vertragsbeendigung als solche einschließlich der gezahlten Abfindung (Gotthard, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, Rn 308; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 63). Abreden, die die Hauptleistungen eines Vertrags, damit das Gegenseitigkeitsverhältnis eines Vertrags betreffen, müssen kontrollfrei bleiben. Dies sind die sog. kontrollfreien Preisabsprachen. Dieser eingeschränkten Kontrolle unterliegen alle Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistungen festlegen. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt. Es ist nicht Aufgabe eines Gerichts, über die §§ 305 ff. BGB den "gerechten Preis" zu ermitteln. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB steht jedoch einer Kontrolle der Hauptleistungspflichten nicht entgegen, wenn diese durch Rechtsvorschriften bestimmt werden. § 307 Abs. 3 S. 2 BGB beruht auf der Erwägung, dass ein Mindestmaß an Transparenz der Preisgestaltung einen funktionierenden Wettbewerb erst ermöglicht (BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04; BAG v. 31.8.2005 – 5 AZR 545/04). Demgemäß unterliegen die in einem Aufhebungsvertrag enthaltenen Hauptleistungspflichten (Beendigung und Abfindung) keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB, weil sie nicht von Rechtsvorschriften abweichen. § 1a KSchG kommt keine Leitbildfunktion zu (BAG v. 22.4.2004 – 2 AZR 281/03).
Rz. 737
Praxistipp
Sollte es allerdings im Aufhebungsvertrag dazu kommen, dass das Risiko, den Anspruch auf Alg zu realisieren, auf den Arbeitnehmer verlagert wird, so kann dies auf einer intr...