Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 356
Zu den besonderen Vergütungselementen, die neben dem laufenden Lohn gezahlt werden können, zählen auch Sonderzahlungen im weiteren Sinne. Unter diesem weiten Oberbegriff kann man Geld- oder Sachleistungen zusammenfassen, die typischerweise einmal jährlich oder anlässlich besonderer Ereignisse wie z.B. eines Firmenjubiläums erbracht werden. So vielfältig die Anlässe für die Leistungsgewährung sein können, so vielfältig sind auch die rechtlichen Grundlagen. Sie reichen vom Tarifvertrag bis hin zur stillschweigenden individualrechtlichen Vereinbarung. Ebenso bunt ist die Palette der verwendeten Begriffe, die noch dazu nicht einheitlich anzutreffen sind. Sie reichen von der Sonderzahlung über Gratifikation, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Jubiläumszahlung, Bonus, Einmalzuwendung, bis hin zum 13. Gehalt. "Gegenklauseln", die den Leistungsbezug rückgängig machen sollen, also insb. Rückzahlungsklauseln für verschiedene Anlässe sowie flexible arbeitsvertragliche Elemente wie der Widerrufsvorbehalt, der Freiwilligkeitsvorbehalt, Teilbefristung, Anrechnungs- und Jeweiligkeitsklauseln sowie Ermessensvorbehalte bereichern die Artenvielfalt der anzutreffenden Klauseln in einem unübersichtlichen Terrain. Letztlich ist es die Rspr. des BAG, die diese Landschaft geprägt hat und bis heute ständig fortentwickelt.
Rz. 357
Sonderleistungen werden vom Arbeitgeber regelmäßig mit Rücksicht auf die geleistete Arbeit und/oder für die erbrachte und/oder erwartete Betriebstreue gewährt.
Rz. 358
Gratifikationszahlungen werden z.T. auch noch an ehemalige, ausgeschiedene Arbeitnehmer bzw. an Pensionäre gezahlt. In dem Fall basiert die Leistung auf freiwillig übernommener Fürsorge des ehemaligen Arbeitgebers und wird aus Anlass früher geleisteter Dienste erbracht (BAG v. 31.7.2007 – 3 AZR 189/06).
Rz. 359
Der wirtschaftliche Zweck einer Gratifikationsleistung kann jedoch – je nach Zielsetzung – verschieden sein. Allein die Bezeichnung der Sonderleistung als Gratifikation, Weihnachtsgeld, 13. Gehalt, Sonderzahlung usw. ist für die Zweckbestimmung nicht ausschlaggebend, allenfalls indiziell (BAG v. 23.8.2017 – 10 AZR 97; BAG v. 21.1.2014 – 9 AZR 134/12). Entscheidend ist letztlich die jeweilige Ausgestaltung der Leistungszusage, insoweit sind die einzelnen Leistungsbedingungen auszulegen (s.u. Rdn 360 ff.). Unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Gewährung einer derartigen Sonderleistung hat, ergeben allein die Anspruchsvoraussetzungen (s.u. Rdn 382 ff.). Unter gewissen Umständen kann es zur Kürzung oder auch ganz zum Wegfall des Gratifikationsanspruches kommen (s.u. Rdn 421 ff.). Vielfach werden Gratifikationsleistungen mit Rückzahlungsklauseln verbunden (s.u. Rdn 455 ff.). Schließlich sind bei Gratifikationszahlungen noch einige Besonderheiten zu beachten (s.u. Rdn 472 ff.).