Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 873
Hinsichtlich des Direktionsrechtes bezogen auf die Arbeitsleistung kann es in bestimmten Fällen zu Begrenzungen kommen (hierzu Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 233 ff.): Für das Ausbildungsverhältnis regelt § 6 Abs. 2 BBiG, dass eine bestimmte Art von Tätigkeiten als geschuldete Leistung ausscheidet. § 4 MuSchG nennt Arbeiten, die von einer werdenden und stillenden Mutter nicht verlangt werden darf. Doch muss in einem solchen Fall die Mutter einer Umsetzung durch den Arbeitgeber nachkommen, sofern die andere Arbeit nach den Umständen zumutbar ist. Gem. § 164 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX haben schwerbehinderte Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Diesem Anspruch korrespondiert eine entsprechende Einschränkung der vom schwerbehinderten Beschäftigten zu verlangenden Leistung. Des Weiteren ist das Direktionsrecht durch die Grundrechte, insb. Art. 4 GG, eingeschränkt, sofern der Arbeitnehmer eine Leistung aus Gewissensgründen verweigert.
Rz. 874
Die Art der zu verrichtenden Arbeit folgt i.d.R. aus dem Arbeitsvertrag. Dabei ist der Arbeitsvertrag im Fall seiner Lückenhaftigkeit auszulegen, und zwar so, dass festgestellt wird, dass andere, die Arbeitsleistung beeinflussende Normen wie Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Ähnliches, die Lücke nicht zu schließen vermögen. Dann erfolgt eine Auslegung auf der Grundlage der §§ 133, 157 BGB. Für die Auslegung gehören dann in arbeitsvertraglichen Bezug genommene Stellen- oder Tätigkeitsbeschreibungen als maßgebliche Grundlage dazu. Ist der Tätigkeitsbereich auf der Grundlage einer Auslegung durch den Arbeitsvertrag sowohl im Hinblick auf die Art wie auch auf die Arbeitsstelle konkret genug bestimmt, so bedeutet jede Zuweisung einer anderen Tätigkeit und eines anderen Arbeitsplatzes eine Änderung des Arbeitsvertrages, die nicht einseitig vom Arbeitgeber vermittelt über das Direktionsrecht bewerkstelligt werden kann.
Rz. 875
Des Weiteren bedeutsam ist auch eine Berufsbezeichnung, sodass sich die geschuldete Arbeitsleistung nach dem damit umschriebenen herkömmlichen Berufsbild richtet und Besonderheiten der Branche, des Ortes und ggf. des Betriebs einschließt. Nach diesem Berufsbild soll ein Lehrer nicht nur Unterricht erteilen, sondern auch Exkursionen, Schulausflüge und Klassenreisen vorbereiten und daran teilnehmen (BAG v. 20.11.1996, BAGE 84, 335). Ist im Arbeitsvertrag eine Tätigkeit konkret bezeichnet, schuldet der Arbeitnehmer diese einschließlich der nach der Verkehrsanschauung vom Berufsbild mit umfassten Arbeit (hierzu: Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 235; BAG v. 10.11.1955, BAGE 2, 221). Ist der Arbeitsbereich eines Angestellten lediglich durch die Nennung der Vergütungsgruppe näher bestimmt, erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst bei einer solchen Vertragsgestaltung auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen, in der der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Auch andere Tätigkeiten können zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen.
Rz. 876
Des Weiteren kann sich auch ein Arbeitsverhältnis in der Weise konkretisieren, das nunmehr nur noch eine bestimmte Tätigkeit künftig den alleinigen Vertragsinhalt bildet. Eine solche Konkretisierung tritt jedoch allein durch Zuweisung eines konkreten Arbeitsplatzes innerhalb des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeldes selbst dann nicht ein, wenn ein Arbeitnehmer über lange Zeit hinweg die gleiche Tätigkeit verrichtet (LAG Düsseldorf v. 23.6.1994 – 12 Sa 489/94, ZTR 1994, 436). Hinzukommen müssen besondere, für den Arbeitnehmer vertrauensbegründete Umstände (BAG v. 29.9.2004, NZA-RR 2005, 616; BAG v. 29.9.2004, AP Nr. 111 zu § 87 BetrVG 1972 – Arbeitszeit).
Rz. 877
Wenn eine Dienstanweisung Vertragsinhalt geworden ist und gemäß dieser Dienstanweisung die Arbeitsleistung erbracht wurde, hat sich die Arbeitsleistung zukünftig darauf konkretisiert. Dies hat die Rspr. dann angenommen, wenn sich das Vertrauen des Arbeitnehmers in einem Zeitraum von 16 Jahren darauf verfestigt hat (BAG v. 29.6.1988 – 5 AZR 425/87).
Rz. 878
Maßgeblich können auch Bestimmungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen sein, soweit diese die Art der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Tätigkeit betreffen (BAG v. 5.6.2003 – 6 AZR 237/02, zu den tarifvertraglich festgelegten Tätigkeitsmerkmalen eines Redakteurs). Bei der Eingruppierung eines Arbeitnehmers in eine bestimmte Vergütungsgruppe hat der Arbeitnehmer, wenn keine anderen Vereinbarungen getroffen worden sind, alle darin genannten Tätigkeiten zu übernehmen. Dies gilt, solange dies seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht und ihm auch diese Tätigkeit zugemutet werden kann (BAG v. 30.8.1995, AP Nr. 44 zu § 611 BGB – Direktionsrecht; BAG v. 12.4.1973, AP Nr. 24 zu § 611 BGB – Direktionsrecht).
Rz. 879
I.Ü. wird dann die zu erbringende Leistung durch das Ausüben des Direktionsr...