Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 421
Besteht ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Gratifikation, bemisst sich die Höhe nach der ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen Vereinbarung. Enthält die Rechtsgrundlage keine durch Auslegung zu bestimmende Regelung der Höhe der Gratifikation, richtet sie sich nach der bisherigen Übung, also danach, was der Arbeitgeber z.B. in früheren Jahren gezahlt hat. Unter Umständen ist die Höhe der Gratifikation vom Arbeitgeber gem. § 315 BGB nach billigem Ermessen festzusetzen. Bei der Bemessung sind – unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes – alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Allein die gleichbleibende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts über einen längeren Zeitraum hinweg führt noch nicht dazu, dass die Anspruchshöhe festgeschrieben ist und jede andere Ausübung des Ermessens nicht mehr der Billigkeit entspräche (BAG v. 23.8.2017 – 10 AZR 376/16). Trifft der Arbeitgeber eine Bestimmung nicht, entscheidet über die angemessene Höhe der Gratifikation das Gericht, § 315 Abs. 3 BGB. Bei der Bemessung der Gratifikationshöhe können ggf. auch Fehlzeiten gratifikationsmindernd berücksichtigt werden, allerdings nur in den Grenzen des § 4a EntgFZG.
Rz. 422
Die Höhe einer Gratifikation kann nach dem Verdienst zu einem bestimmten Stichtag oder auch nach dem durchschnittlichen Verdienst während einer bestimmten Referenzperiode (etwa der letzten drei Monate vor dem Auszahlungszeitpunkt) bemessen werden (BAG v. 5.8.1992 – 10 AZR 171/91; vgl. auch BAG v. 11.10.1995 – 10 AZR 985/94).
Rz. 423
Bei Teilzeitbeschäftigten werden Sondervergütungen grds. anteilig gewährt (vgl. § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG). Beim Übergang eines Vollzeitarbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis (oder umgekehrt) kann sich allerdings aus einer kollektiv- oder einzelvertraglichen Regelung ergeben, dass sich die Höhe der Gratifikation nach einem festgelegten Stichtag bemisst, unabhängig davon, ob zum Stichtag ein Vollzeit- oder ein Teilzeitarbeitsverhältnis vorliegt (BAG v. 31.10.1975 – 5 AZR 482/74). Denkbar ist in einem solchen Fall aber auch, eine anteilige Bemessung der Gratifikation für die Zeit des Teilzeitarbeitsverhältnisses vorzusehen (BAG v. 18.8.1999 – 10 AZR 424/98; LAG Hamm v. 14.3.1997 – 10 Sa 1733/96).
Rz. 424
Ist eine tarifliche Sonderzuwendung, die jeweils zur Hälfte im Juni und im November auszuzahlen ist, nach dem tariflichen Monatsgrundlohn zu berechnen, so ist ohne anderweitige Bestimmung der Tarifvertragsparteien i.d.R. vom tariflichen Monatsgrundlohn des jeweiligen Auszahlungsmonates auszugehen (BAG v. 10.7.1996 – 10 AZR 184/96).