Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
aa) Allgemeines
Rz. 944
Eine einzelvertragliche Abrede über die Erstattung von Weiterbildungskosten muss den Anforderungen einer gerichtlichen Inhaltskontrolle am Maßstab des § 242 BGB genügen. Die zulässige Bindungsintensität beurteilt sich anhand der Fortbildungsdauer und der Qualität der erworbenen Qualifikation. Die Bemessung der Bindungsfrist nach der jeweiligen Bildungsmaßnahme beruht nicht auf rechnerischen Gesetzmäßigkeiten, sondern auf richterrechtlichen entwickelten Regelwerken, die einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind (BAG v. 21.7.2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542). Neuerdings stellt allerdings die Rspr. Stichtagsregelungen und Rückzahlungsklauseln im Hinblick auf die Kontrolldichte gleich. Eine vom Arbeitgeber vorformulierte Klausel, die den Anspruch des Arbeitnehmers auf eine gewinn- und leistungsabhängige Bonuszahlung zu einem bestimmten Stichtag an ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis knüpft, unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Eine Stichtagsregelung, die unabhängig von der Höhe der Bonuszahlung den Arbeitnehmer bis zum 30.9. des Folgejahres bindet, ist zu weit gefasst, benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen i.S.v. § 307 BGB und ist deshalb unwirksam. Es soll unentschieden bleiben, ob bei der Inhaltskontrolle von Bindungsklauseln zwischen Stichtags- und Rückzahlungsklauseln zu differenzieren ist, ob eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, wenn Bindungsklauseln bei Sonderzahlungen nicht zwischen Kündigungen differenzieren, die in den Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers fallen, und ob bei Sonderzahlungen, die mindestens 25 % der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmachen, Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln zulässig sind (BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40).
bb) Zulässigkeit von Rückzahlungsvereinbarungen
Rz. 945
Eine Rückzahlungsklausel in einem Studien- und Ausbildungsvertrag mit nachvertraglicher betrieblicher Bleibefrist stellt eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar, wenn der Arbeitgeber seinerseits keinerlei Verpflichtung eingeht, dem Arbeitnehmer die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung überhaupt zu ermöglichen. Enthält eine Rückzahlungsklausel keinerlei Angaben über den Inhalt, den Ort, den zeitlichen Umfang und die Vergütung der nach der Ausbildung geschuldeten arbeitsvertraglichen Tätigkeit, verstößt sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und ist damit unangemessen. Klauseln, die die Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten regeln, müssen Angaben zur etwaigen Größenordnung der auflaufenden Kosten enthalten, um dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu genügen. Andernfalls ist die Klausel unwirksam (LAG Schleswig-Holstein v. 23.5.2007, NZA-RR 2007, 514; BAG v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07). Der AG muss bereits zu Beginn der vereinbarten Fortbildung den AN klar und verständlich auf alle Folgen hinweisen, die sich für ihn aus dem Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung ergeben. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vertragsbestimmung so genau beschrieben werden, dass für den AG als Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Das bedeutet, die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was gegebenenfalls auf "ihn zukommen kann".
Rz. 946
Eine vom Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag verwendete Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, ist unwirksam. Sie benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen (BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042). Gleichfalls ist die Vereinbarung in einem Formulararbeitsvertrag nach welcher ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übernommene Kosten für ein Fachhochschulstudium in jedem Fall, auch anteilig, zurückzahlen muss, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist endet, zu weit gefasst. Sie ist unwirksam, weil die Rückzahlungspflicht ohne Rücksicht auf den jeweiligen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgelöst werden soll (BAG v. 23.1.2007 – 9 AZR 482/06). Auch ist eine Klausel, die den ratierlichen Abbau eines Studiendarlehens für jeden Monat der späteren Tätigkeit vorsieht, unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB (BAG v. 18.3.2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004). Eine Klausel in AGB, die die Rückzahlung von Fortbildungskosten bei einer vom Arbeitnehmers ausgesprochenen Kündigung in jedem Fall vorsieht, ohne solche Kündigungen des AN auszunehmen, die aus Gründen erfolgen, die der Sphäre des AG zuzurechnen sind, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam (BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12; BAG v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12).
Rz. 947
Eine vom Arbeitgeber vorformulierte Rückzahlungsklausel, die de...