Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
aa) Allgemeines
Rz. 1004
Das BAG sieht das Verbot, mit dem Arbeitgeber während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in Wettbewerb zu treten aus einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht begründet (BAG v. 17.10.1969, AP Nr. 7 zu § 611 BGB – Treuepflicht). Dies besteht auch dann, wenn im Einzelarbeitsvertrag keine ausdrückliche Regelung enthalten ist (BAG v. 16.8.1990, AP Nr. 10 zu § 611 BGB – Treuepflicht). Für die Handlungsgehilfen findet sich eine Regelung in den §§ 60, 61 HGB, die nach der Rspr. einen allgemeinen Rechtsgedanken enthält (BAG v. 25.4.1991, AP Nr. 104 zu § 626 BGB). Der Arbeitsvertrag enthält dann für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein allgemeines Wettbewerbsverbot (BAG v. 16.8.1990, AP Nr. 10 zu § 611 BGB – Treuepflicht; BAG v. 17.10.1969, AP Nr. 7 zu § 611 BGB – Treuepflicht; BAG v. 6.8.1987, AP Nr. 97 zu § 626 BGB). Das Verbot des § 60 HGB ist dispositiv und kann sowohl erweitert als auch bedungen werden.
Rz. 1005
Das Wettbewerbsverbot gebietet dem Arbeitnehmer alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber oder dem Betrieb abträglich ist. (vgl. Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 443 ff.). Dem Arbeitgeber soll der Geschäftsbereich voll und ohne Gefahr der nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Damit ist dem Arbeitnehmer jede Tätigkeit verboten, die für seinen Arbeitgeber Konkurrenz bedeutet (BAG v. 16.8.1990, AP Nr. 10 zu § 611 BGB – Treuepflicht; BAG v. 16.6.1976, AP Nr. 8 zu § 611 BGB – Treuepflicht). Auch eine Wettbewerbstätigkeit für ein Unternehmen des Konzerns ist verboten, wobei dies allerdings der ausdrücklichen Vereinbarung bedarf. Der zweite Tatbestand des § 60 Abs. 1 HGB, wonach der Arbeitnehmer nicht für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen darf, umfasst auch das bloße Vorbereiten der Vermittlung und des Abschlusses von solcherlei Geschäften, deren Vermittlung und Abschluss dem Angestellten nach seinem Arbeitsvertrag obliegt. Unter dem Tatbestand "Betreiben eines Handelsgewerbes" fallen hingegen nicht solche Vorbereitungshandlungen, die nicht unmittelbar in die Interessen des Arbeitgebers eingreifen (BAG v. 12.5.1972, AP Nr. 6 zu § 60 HGB). Auch während des rechtlich fortbestehenden, tatsächlich aber nicht mehr ausgeübten Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer, auch ohne besondere Vereinbarung, die Pflicht, sich des Wettbewerbes zulasten des Arbeitgebers zu enthalten. Der Arbeitgeber könnte in einem solchen Fall auf Unterlassung der Wettbewerbstätigkeit klagen (BAG v. 17.10.1969, AP Nr. 7 zu § 611 BGB – Treuepflicht). Der Arbeitnehmer ist selbst dann an das Wettbewerbsverbot gebunden, wenn der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ausspricht, deren Wirksamkeit der Arbeitnehmer bestreitet (BAG v. 25.4.1991, AP Nr. 104 zu § 626 BGB).
Rz. 1006
Der Verstoß des Arbeitnehmers gegen ein Wettbewerbsverbot hat zunächst einen Auskunftsanspruch des Arbeitgebers zur Folge. Derjenige, der einem anderen ggü. zur Unterlassung von Wettbewerb verpflichtet ist, schuldet diesem Auskunft, sobald er die Vertragspflicht der Wettbewerbsunterlassung verletzt hat. Dabei erstreckt sich die Auskunftspflicht auf alle Angaben, die Voraussetzungen eines etwaigen Schadensersatzanspruchs sein können (BAG v. 12.5.1972, AP Nr. 6 zu § 60 HGB; BAG v. 16.6.1976, AP Nr. 8 zu § 611 BGB – Treuepflicht). Des Weiteren kommt ein Anspruch des Arbeitgebers auf Unterlassung von Wettbewerb in Betracht (BAG v. 21.10.1970, AP Nr. 13 zu § 242 BGB – Auskunftspflicht). Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 61 Abs. 1 HGB. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer verpflichtet sein, das aus der Konkurrenztätigkeit Erlangte an den Arbeitgeber herauszugeben (BAG v. 16.6.1976, AP Nr. 8 zu § 611 BGB – Treuepflicht; BAG v. 21.10.1970, AP Nr. 13 zu § 242 BGB – Auskunftspflicht). Schließlich kann auch eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung als Sanktion für den Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot infrage kommen.
bb) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Rz. 1007
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen. Besteht dagegen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein besonderes Wettbewerbsverbot, ist der Arbeitnehmer in der Verwertung seiner beruflichen Kenntnisse und seines redlich erworbenen Erfahrungswissens grds. frei (BAG v. 15.6.1993, AP Nr. 40 zu § 611 BGB – Konkurrenzklausel). Dies ist aus einer mittelbaren Grundrechtswirkung des Art. 12 Abs. 1 GG zu folgern.
Rz. 1008
Allerdings hat ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot besondere Voraussetzungen: § 74a Abs. 1 S. 1 HGB fordert für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers. Nunmehr finden die §§ 74 ff. HGB über § 110 S. 2 GewO auf alle Arbeitsverhältnisse Anwendung. Damit ist klargestellt, dass das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dienen muss oder den Einbruch in den Kunden- oder Lieferantenkre...