Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
1. Grundlagen des Arbeitnehmerurheberrechts
Rz. 1023
Der Arbeitnehmerurheber ist immer mehr in den Blickpunkt des rechtlichen Interesses getreten. Dies liegt insb. daran, dass Computerprogramme einem patent- bzw. gebrauchsmusterrechtlichen Schutz und damit dem Anwendungsbereich des ArbnErfG weitgehend entzogen sind und stattdessen nach den Maßgaben der §§ 69a ff. UrhG "nur" urheberrechtlicher Schutz beansprucht werden kann. Dies hat dazu geführt, dass heutzutage Werke in der Mehrzahl von Arbeitnehmern geschaffen werden und nicht von freien Urhebern, die der Gesetzgeber bei Schaffung des 1966 in Kraft getretenen Urheberrechtsgesetzes (UrhG – Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte v. 9.9.1965, BGBl I, 1273, zuletzt geändert durch Art. 1 des Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz vom 1.9.2017, BGBl I, 3346) noch als wesentlichen Adressaten des Gesetzes betrachtet hat.
Rz. 1024
Im Arbeitnehmerurheberrecht gilt es, widerstreitende urheberrechtliche und arbeitsrechtliche Interessenlagen miteinander in Einklang zu bringen. Nach dem urheberrechtlichen Schöpferprinzip ist nur derjenige Urheber eines Werkes, der ein i.S.d. § 2 UrhG schutzfähiges Werk hergestellt hat. Dies gilt nach dem UrhG auch dann, wenn ein Arbeitnehmer als Urheber schöpferisch tätig geworden ist. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass das Arbeitsrecht ausschließlich dem Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung dinglich zuordnet. Der angestellte Werkschöpfer ist aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet, eine bestimmte Leistung zu erbringen und erhält vom Arbeitgeber als Gegenleistung den vereinbarten Lohn (sog. Austauschgedanke).
Rz. 1025
Das UrhG regelt die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmerurhebers nur unzureichend. Die lediglich generalklauselartige Regelung des § 43 UrhG für den in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis stehenden Urheber kann die widerstreitenden urheberrechtlichen und arbeitsrechtlichen Interessen nicht ausgleichen. Die soziale Realität des angestellten Werkschöpfers ist weder durch die umfangreiche Kasuistik der Rspr. noch durch die Fachliteratur rechtlich abschließend geklärt.
Rz. 1026
Für Computerprogramme enthält § 69b UrhG eine ggü. § 43 UrhG spezielle Regelung (vgl. Rdn 1106 ff.).
Rz. 1027
Besondere Bedeutung können darüber hinaus Tarifverträge haben, soweit diese Urheberrechtsklauseln oder Vergütungsregeln enthalten (vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 121 ff. m.w.N.).
2. Generalklausel des § 43 UrhG
Rz. 1028
Der Gesetzgeber hat sich – im Unterschied zu den technischen Schutzrechten, für die das ArbnErfG gilt – gegen ein eigenes "Arbeitnehmerurheberrechtsgesetz" und für eine generalklauselartige Regelung im § 43 UrhG entschieden. Eine Erweiterung des ArbnErfG auf den urheberrechtlichen Bereich, durch die letztlich ein umfassender, kodifizierter Schutz für Arbeitnehmerschöpfungen geschaffen werden könnte, wird diskutiert (vgl. Tillmann, GRUR 2012, 961, 965 f.), ist aber nicht absehbar.
Rz. 1029
Nach § 43 UrhG sind die Vorschriften über die Einräumung von Nutzungsrechten dann anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtung aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem "Inhalt" oder dem "Wesen" desselben nichts anderes ergibt.
Rz. 1030
Weder das Arbeitsrecht noch das Urheberrecht haben einen "Vorrang" vor dem jeweils anderen Recht. Richtig ist es wohl, von einer "Überlagerung" des Arbeitsrechtes durch das Urheberrecht zu sprechen. Denn die Regelung des § 43 UrhG belässt es – in Durchbrechung des im Arbeitsrecht allgemein anerkannten Grundsatzes, dass das Arbeitsergebnis dem Arbeitgeber zukommt – bei dem Grundsatz, dass Urheber der Schöpfer des Werkes ist (§ 7 UrhG).
Rz. 1031
Andererseits schweigt sich die Generalklausel über Art und Form, Reichweite und Dauer der arbeitnehmerspezifischen Nutzungsrechtseinräumung und insb. über die für die Praxis nach wie vor wichtige Vergütungsfrage völlig aus.
a) Geltungsbereich des § 43 UrhG
aa) Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 1032
Vom persönlichen Geltungsbereich des UrhG geschützt wird nach § 11 UrhG der Urheber, d.h. derjenige der das Werk geschaffen hat (§ 7 UrhG). Es gilt also auch dann das Schöpferprinzip, wenn ein Werk im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen wird.
Rz. 1033
Die Generalklausel des § 43 UrhG gilt für Werkschöpfungen, die von dem Urheber in Erfüllung einer Verpflichtung "aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis" geschaffen wurden.
Rz. 1034
Das Urheberrecht – und insbesondere § 43 UrhG – enthält keinen urheberrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Ausschließlich maßgeblich ist der im Arbeitsrecht geltende Begriff des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses (vgl. auch Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 3). Für die Frage der Anwendbarkeit des § 43 UrhG ist demnach wesentlich, dass der Urheber in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber steht (BAG v. 31.7.2014 – 2 AZR 422/13; BAG v. 15.2.2012 – 10 AZR 301/10; BAG v. 20.8.2003 – 5 AZR 610/02; BAG v. 3.6.1998 – 5 AZR 656/97; Schricker/Loewenheim/Rojahn, UrhG, § 43 Rn 14 mit einer ausführlichen Auflistung etwaiger Kriterien). Durch den ...