Rz. 330
Außerhalb des Anwendungsbereichs der EuErbVO gelten die autonomen Regeln über die Anerkennung ausländischer Urteile. Dies betrifft zunächst Entscheidungen aus den Staaten, die nicht Mitgliedstaaten i.S.d. EuErbVO sind und im Verhältnis zu denen kein bilaterales Abkommen besteht (siehe Rdn 328). Aber auch im Verhältnis zu den Staaten, mit denen ein Abkommen gezeichnet wurde, kommt die Anerkennung nach den autonomen Regeln ggf. dann in Betracht, wenn die im Abkommen vereinbarten Voraussetzungen für die Anerkennung nicht erfüllt sind. Dies gilt z.B. dann, wenn das Abkommen einen IPR-Vorbehalt enthält, welchen das autonome deutsche internationale Zivilprozessrecht nun nicht mehr vorsieht (Günstigkeitsprinzip).
Rz. 331
Die Anerkennung ausländischer Urteile erfolgt nach § 328 ZPO. "Anerkennung" bedeutet dabei, dass die ausländische Entscheidung im Inland ipso iure die gleichen Wirkungen entfaltet wie eine inländische; eines besonderen Anerkennungsakts bedarf es dazu nicht. Dies betrifft insbesondere die auf Herabsetzung pflichtteilsverletzender Verfügungen des Erblassers gerichteten Gestaltungsurteile. Allein zur Zwangsvollstreckung von Leistungsurteilen ist ein Exequatur nach §§ 722 f. ZPO erforderlich.
Rz. 332
Nach § 328 ZPO sind nur rechtskräftige Urteile anerkennungsfähig. Vorläufig vollstreckbare Entscheidungen sind grundsätzlich nicht anerkennungsfähig. Des Weiteren darf das Urteil nicht gegen den deutschen ordre public verstoßen (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Derartige Verstöße sind praktisch selten. Freilich gibt der BGH seine frühere Zurückhaltung bei der Annahme einer Verletzung des deutschen ordre public zunehmend auf. Ein konkreter Fall des ordre public ist die Verletzung des gerichtlichen Gehörs, der wegen seiner besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung in § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ausdrücklich genannt ist. Das Erfordernis der Gegenseitigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) bereitet bei Urteilen aus "Exotenstaaten", aus denen keine einschlägigen Präjudizien bekannt sind, Schwierigkeiten. Die Rechtsprechung hilft durch eine großmütige Auslegung. Des Weiteren darf keine entgegenstehende deutsche Entscheidung (Vorrang der deutschen Entscheidung) oder eine frühere anzuerkennende ausländische Entscheidung (Grundsatz der Priorität) vorliegen.
Rz. 333
Praktisch bedeutendste Voraussetzung für die Anerkennung ist die Anerkennungszuständigkeit des Urteilsgerichts (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Diese liegt nach dem sog. Spiegelbildprinzip vor, wenn das Urteilsgericht unter Zugrundelegung der deutschen autonomen Regeln für die internationale Zuständigkeit zuständig gewesen wäre. Danach ist eine Entscheidung insbesondere dann von der Anerkennung ausgeschlossen, wenn gem. Art. 4 Abs. 1 EuErbVO die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte oder der Gerichte eines anderen Mitgliedstaates der EU vorliegt.