1. Eigenrechtserbschein
Rz. 335
Keine Besonderheiten ergeben sich bei der Fassung des Erbscheins, wenn deutsches Recht Erbstatut ist. Dabei ist unbeachtlich, ob die Geltung deutschen Rechts auf der deutschen Staatsangehörigkeit des Erblassers oder auf einer Rückverweisung auf das deutsche Recht beruht.
Rz. 336
Auch dann, wenn lediglich für einen Teil des inländischen Vermögens kraft eines internationalen Übereinkommens oder einer teilweisen Rückverweisung des am ausländischen gewöhnlichen Aufenthalt geltenden IPR deutsches Recht Erbstatut ist, also Nachlassspaltung eintritt, kann für diesen Nachlassteil ein "Eigenrechtserbschein" nach den Regeln des deutschen Rechts ausgestellt werden, so als ob es sich um den gesamten Nachlass handeln würde. Da in diesem Fall Pflichtteile in Bezug auf den betroffenen Nachlass allenfalls als Geldansprüche gegen den Nachlass, nicht jedoch als unmittelbare dingliche Beteiligung des Berechtigten am Nachlass entstehen, können sich hier auch unter pflichtteilsrechtlichen Aspekten keinerlei Besonderheiten ergeben.
Rz. 337
Formulierungsbeispiel: Eigenrechtserbschein
Der am (...) in (...) geborene, zuletzt in Recklinghausen wohnhafte und dort am 3.11.2023 verstorbene türkische Staatsangehörige (...) ist hinsichtlich seines im Inland belegenen unbeweglichen Nachlasses von (...) allein beerbt worden.
2. Inhalt des Fremdrechtserbscheins
Rz. 338
Soweit ausländisches Recht Erbstatut ist, wird ein sog. Fremdrechtserbschein erteilt. In diesen sind im Vergleich zum üblichen (Eigenrechts-)Erbschein folgende Angaben zusätzlich aufzunehmen:
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ein Hinweis auf das angewandte ausländische Erbrecht (Erbstatut); bei Mehrrechtsstaaten muss des Weiteren ein Hinweis auf die konkret angewandte Teilrechtsordnung erfolgen; |
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ggf. weitere gegenständliche Beschränkungen, z.B. wenn kraft Rechtswahl oder Rückverweisung nur der im Inland belegene unbewegliche Nachlass bzw. einzelne unbewegliche Gegenstände vom im Übrigen geltenden ausländischen Erbstatut ausgenommen sind und einen deutschem Erbstatut unterliegenden Spaltnachlass bilden; |
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der Rechtsgrund für die Erbfolge (also testamentarische oder gesetzliche Erbfolge); |
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weitere Besonderheiten, wie z.B. Anwendung des deutschen ordre public; Gleiches sollte m.E. auch für die Erhöhung des Ehegattenerbteils nach § 1371 Abs. 1 BGB gelten; |
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nach umstrittener Auffassung ggf. ein Hinweis auf die Möglichkeit zur Herabsetzung der testamentarischen Erbeinsetzung durch die Pflichtteilsberechtigten; |
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auf Antrag (früher: zwingend) die ausdrückliche Beschränkung auf den inländischen Nachlass. |
Rz. 339
Formulierungsbeispiele: Fremdrechtserbschein
Unter Beschränkung auf den im Inland belegenen beweglichen Nachlass wird der am 1.1.1950 in Ismir geborene, zuletzt in Recklinghausen wohnhafte und dort am 23.1.2023 verstorbene türkische Staatsangehörige (...) in Anwendung türkischen Rechts aufgrund Testaments vom 1.2.2022 von (...) allein beerbt.
oder:
Die am 2.3.1973 in Teheran geborene, zuletzt in Düsseldorf wohnhafte und dort am 29.1.2024 verstorbene iranische Staatsangehörige (...) wird in Anwendung iranischen schiitischen Rechts von (...) und (...) aufgrund Gesetzes zu je ein halb beerbt. Diese Erbfolge ergibt sich unter Berücksichtigung des deutschen ordre public.
3. Fremdrechtserbschein mit festgestellten Noterbrechten
Rz. 340
Der Noterbe ist jedenfalls dann im Erbschein zu nennen, wenn testamentarische Erbfolge eingetreten ist und er aufgrund seines echten Noterbrechts bereits eine materielle Stellung als Miterbe erlangt hat. Dies ist etwa der Fall, wenn das Noterbrecht ipso iure dazu führt, dass dem Noterbberechtigten die Noterbquote stets erhalten bleibt, wie dies z.B. im griechischen Recht der Fall ist. Ähnliches galt z.B. nach altem niederländischem Recht, wonach Noterbrechte bereits durch formlose Geltendmachung der Rechte realisiert wurden. Hier genügte es nach allgemeiner Ansicht schon, dass der Noterbberechtigte durch Beantragung des Erbscheins zum Ausdruck gebracht hat, dass er seinen Pflichtteil geltend machen will.
Rz. 341
Eindeutig ist die Rechtslage auch, wenn bereits der Noterbe ein Herabsetzungsurteil in seinem Heimatstaat, vor einem deutschen Gericht oder vor dem Gericht eines anderen Staates mit Anerkennungszuständigkeit erwirkt hat, wen...