1. Eingehung einer heterosexuellen Ehe
Rz. 140
Für die Prüfung der Wirksamkeit einer Eheschließung wird zwischen formellen und materiellen Voraussetzungen unterschieden. Für die materiellen Voraussetzungen (Heiratsalter, Fehlen von Ehehindernissen etc.) verweist bei der heterosexuellen Ehe Art. 13 Abs. 1 EGBGB für jeden der Ehegatten auf dessen Heimatrecht. Die Grenze bilden sog. zweiseitige Ehehindernisse, die nach ihrem Inhalt auch die Person des anderen Nupturienten einbeziehen.
Beispiel
So kann ein Deutscher eine fünfzehnjährige Jemenitin heiraten, da diese nach ihrem Heimatrecht heiratsfähig ist. Eine Deutsche kann aber keinen bereits ein- oder mehrfach verheirateten Saudi heiraten, selbst wenn das saudische Recht diesem weitere Eheschließungen erlauben sollte, denn das Verbot der Mehrehe in § 1306 BGB ist zweiseitiges Ehehindernis, das Deutschen auch verbietet, bereits verheiratete Personen zu ehelichen.
Rz. 141
Das verletzte Recht bestimmt auch die Folgen des Verstoßes. So wäre im Saudi-Fall die Ehe gem. §§ 1306, 1314 BGB aufhebbar, aber wirksam. Bis zur Aufhebung beerben sich die Eheleute also gegenseitig als Ehegatten.
Rz. 142
Die Formwirksamkeit der Eheschließung ergibt sich gem. Art. 11 Abs. 1 Fall 2 EGBGB in den meisten Fällen aus dem Ortsrecht. Dabei wird der Gegenstand der Form weit gegriffen und umfasst z.B. das Erfordernis eines Aufgebots, das für die Eheschließung zuständige Organ und die Zulässigkeit der Stellvertretung. Auch Deutsche können daher z.B. in Italien oder Spanien vor dem katholischen Priester oder in Nevada im Videoverfahren aus deutscher Sicht wirksam heiraten. Die sich aus Art. 11 Abs. 1 Fall 1, 13 Abs. 1 EGBGB für Ausländer grundsätzlich ergebende Möglichkeit, auch im Inland in der Form ihres gemeinsamen Heimatrechts zu heiraten, wird durch Art. 13 Abs. 3 S. 1 EGBGB ausdrücklich ausgeschlossen. In der Praxis hat man dennoch immer wieder mit Fällen zu tun, in denen Griechen vor dem Popen oder Türken und andere Orientalen vor einem islamischen Geistlichen in Deutschland geheiratet haben und die Ermächtigung des Geistlichen nach Art. 13 Abs. 3 S. 2 EGBGB nicht vorlag. Diese Ehen sind aus deutscher Sicht Nichtehen, es entstehen weder gesetzliche Erb- oder Pflichtteilsrechte noch güterrechtliche Ansprüche des Überlebenden.
Rz. 143
Praxishinweis
Bei religiöser Eheschließung im Inland sollte daher stets kontrolliert werden, ob diese vom deutschen Standesamt registriert worden ist. Falls nicht, kann beim Bundesverwaltungsamt in Köln, regelmäßig aber auch beim Standesamt am Eheschließungsort, angefragt werden, ob der Geistliche zur Trauung befugt war. Die religiöse Eheschließung im Ausland ist zumindest dann wirksam, wenn das Ortsrecht sie anerkennt, wobei ggf. weitere konstitutive Wirksamkeitserfordernisse zu beachten sind, wie z.B. die anschließende staatliche Registrierung der Ehe. Bei konsularischer Eheschließung kann von der Wirksamkeit ausgegangen werden, wenn keiner der Nupturienten Angehöriger des Empfangsstaates war.
2. Gleichgeschlechtliche Ehe
Rz. 144
Wie in Deutschland wird in einer zunehmenden Anzahl von Staaten die Eheschließung von Personen gleichen Geschlechts zugelassen (weitergehend zurückhaltend z.B. Italien, Griechenland, einzelne Staaten der USA). Für die Wirkungen solcher Beziehungen gelten regelmäßig die Regeln für Eheleute unmittelbar. Aus deutscher Sicht stellte sich vor Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Deutschland im deutschen Kollisionsrecht die Frage, ob eine solche Beziehung als "Ehe" i.S.v. Art. 13 EGBGB oder als "eingetragene Lebenspartnerschaft" i.S.v. Art. 17b EGBGB zu behandeln ist (Qualifikation). Bei Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe hat man sich entschlossen, letztere Lösung in Art. 17b Abs. 4 EGBGB gesetzlich festzuschreiben. Das verhindert, dass die Folgen einer gleichgeschlechtlichen Ehe nach den Regeln ...