1. Güterstatut bei Eheschließung oder Rechtswahl nach dem 29.1.2019
Rz. 175
Das auf die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen anwendbare Recht bestimmt die "Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24.6.2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands" (EuGüVO). Auch wenn diese von mehr als der Hälfte der Mitgliedstaaten angenommen wurde, wird sie – da die Kollisionsnormen der Verordnung intertemporal ausschließlich die nach dem 29.1.2019 eingegangenen Ehen erfassen (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO) – im internationalen Pflichtteilsrecht vorerst nur sehr geringe praktische Bedeutung haben.
a) Objektive Anknüpfung des Güterstatuts
Rz. 176
Wenn die Eheleute keine Rechtswahl vereinbart haben, gilt gem. Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO das Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Leben sie schon bei Eheschließung gemeinsam dauerhaft in demselben Staat, so gilt also das Recht dieses Staates, auch wenn die Eheleute die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates haben. Wenn Eheleute in demselben Staat an verschiedenen Orten leben, also keinen "gemeinsamen" gewöhnlichen Aufenthalt haben, soll ebenfalls das Recht des Aufenthaltsstaates gelten.
Rz. 177
Unklar ist auch, wie viel Zeit bei zunächst getrennt lebenden Eheleuten nach der Eheschließung verstreichen darf, damit man noch von einem "ersten" gewöhnlichen Aufenthalt sprechen kann und nicht auf die nächste Stufe übergegangen werden muss. Teilweise wird verlangt, dass der erste gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt innerhalb von drei Monaten nach Eheschließung begründet wird. Andere Autoren lassen einen Zeithorizont von bis zu einem Jahr zu, sollten die Eheleute schon bei Heirat beabsichtigt haben, anschließend gemeinsam in einem bestimmten Staat zu leben.
Rz. 178
Sind die Voraussetzungen für eine Anknüpfung auf der ersten Stufe nicht erfüllt, so ist gem. Art. 26 Abs. 1 lit. b EuGüVO ersatzweise das Recht des Staates anzuwenden, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen.
Rz. 179
Haben die Eheleute bei Eheschließung auch keine gemeinsame Staatsangehörigkeit oder haben sie mehrere gemeinsame Staatsangehörigkeiten (Art. 26 Abs. 3 EuGüVO), so gilt gem. Art. 26 Abs. 1 lit. c EuGüVO (dritte Stufe) das Recht des Staates, mit dem die Ehegatten unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind.
Rz. 180
Aufgrund der Anknüpfung an die Umstände bei bzw. kurz nach der Eheschließung ist die Anknüpfung des Güterstatuts auch nach der EuGüVO unwandelbar. Eine spätere Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts bzw. ein Wechsel der Staatsangehörigkeit durch die Eheleute wirkt sich auf das Güterstatut daher nicht mehr aus. Art. 26 Abs. 3 EuGüVO sieht ausnahmsweise eine Verschiebung des Anknüpfungszeitpunkts vor. So kann das Gericht, das für Fragen des ehelichen Güterstands zuständig ist, auf Antrag eines der Ehegatten entscheiden, dass statt des Rechts am ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute das Recht eines anderen Staates für den ehelichen Güterstand gilt, sofern die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem anderen Staat über einen erheblich längeren Zeitraum hatten und beide Ehegatten auf das Recht dieses anderen Staates bei der Regelung oder Planung ihrer vermögensrechtlichen Beziehungen vertraut hatten. In diesem Fall gilt das Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute, und zwar gem. Art. 26 Abs. 3 UAbs. 2 EuGüVO rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschließung. Es tritt also kein Statutenwechsel ein. Dies gilt aber nicht, wenn sich das Güterstatut mangels eines ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts nach der Staatsangehörigkeit oder der engsten Verbindung der Eheleute bestimmt oder wenn diese vor der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in den anderen Staat einen Ehevertrag abgeschlossen haben.
Rz. 181
Die Verweisung nach der EuGüVO ist Sachnormverweisung. Gemäß Art. 32 EuGüVO ist nach Verweisung auf ein ausländisches Recht unmittelbar das materielle Güterrecht dieses Staates anzuwenden. Eine Rückverweisung auf das deutsche Recht, das Recht eines anderen Mitgliedstaates i.S.d. EuGüVO oder eine Weiterverweisung auf das Recht eines Drittstaates bleiben unbeachtlich.
b) Ehevertragliche Wahl des Güterstatuts
Rz. 182
Die Möglichkeiten einer güterrechtlichen Rechtswahl bestimmen sich ab dem 29.1.2019 ausschließlich nach den Regeln der EuGüVO. Das gilt auch dann, wenn die Ehe vor dem Stichtag geschlossen wurde und sich das anwendbare Recht damit bislang nach Art. 15 EGBGB a.F. bestimmt hat. Folgende Rechtsordnungen stehen zur Wahl:
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das Recht des Staates, in dem mindestens einer der Ehegatten oder der künftigen Ehegatten zum Zeitpunkt der Rech... |