Claudia Wagener-Neef, Frank-Michael Goebel
Rz. 224
Wird vertraglich, etwa im Rahmen eines Ratenzahlungsvergleiches vereinbart, dass der Schuldner die Inkassokosten dem Grunde nach oder in einer bestimmten Höhe übernimmt, so bindet dies den Schuldner. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob er die Inkassokosten in einer gesonderten Regelung übernommen hat oder ob diese neben den weiteren Forderungen als abstraktes Schuldanerkenntnis zusammengefasst wurden.
Rz. 225
Hinweis
Die Übernahme der Inkassokosten kann auch im Rahmen von AGB erfolgen. Diese unterliegen dann der entsprechenden Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Insoweit kommt eine Unwirksamkeit der Bestimmung in Betracht, wenn diese den Schuldner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Dies wäre dann der Fall, wenn sich der Gläubiger die Kosten üblicher Eigenbemühungen oder von Erfolgshonoraren ersetzen lässt bzw. diejenigen Kosten überschreitet, die ein Rechtsanwalt nach den Bestimmungen des RVG erhält. In diesem Sinne ist auch die vorherige Vereinbarung der Erstattung von Inkassokosten zulässig, soweit dem Schuldner nur gestattet wird, den Nachweis zu führen, dass tatsächlich keine oder niedrigere Inkassokosten angefallen sind (§ 309 Nr. 5 BGB). Da bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Gläubiger identische Kosten entstehen und zu erstatten sind (§ 13e RDG), ist für die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB kein Raum.
Rz. 226
Einer weitergehenden Prüfung, ob die Inkassokosten dem Grunde nach geschuldet waren oder der Höhe nach angemessen sind, findet im gerichtlichen Verfahren danach grundsätzlich nicht statt. Dies haben auch die Gerichte zu beachten. Die entsprechende Vereinbarung ist im Rahmen der Privatautonomie bindend. Immer wieder wird dementgegen in der Praxis der Gerichte übersehen, dass mit der vertraglichen Kostenübernahme durch den Schuldner ein vertraglicher Erfüllungsanspruch entsteht, von dem sich der Schuldner nur bedingt lösen kann und der nicht der Deckelung der Schadensminderungspflicht unterliegt, weil es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch, sondern einen Erfüllungsanspruch handelt.
Rz. 227
Will sich der Schuldner von dieser Vereinbarung lösen, muss er dies mit den dafür zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumenten geltend machen.
In Betracht kommen für den Schuldner hier:
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die Anfechtung, §§ 119 ff. BGB, |
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der vertraglich vereinbarte Rücktritt, |
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der vertraglich eingeräumte Widerruf oder |
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die Kondizierung der Verpflichtung aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, § 812 BGB. |
Im Einzelfall mag der Geltendmachung der Inkassokosten auch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegenstehen, wenn etwa die vom Gläubiger begehrte Forderung nie bestanden hat.
Ob und inwieweit der Schuldner sich von seiner vertraglichen Verpflichtung lösen kann, ist aber dann anhand seines tatsächlichen Vortrages und der jeweiligen Voraussetzungen der rechtlichen Einwendung nach §§ 119, 123, 812 BGB usw. zu prüfen.
Rz. 228
Hinweis
Keinesfalls kann das Gericht – gerade auch in Säumnisverfahren – ohne jeden weiteren Vortrag des Schuldners von Amts wegen die Inkassokosten aberkennen. Auch ist der von – wenigen – Gerichten herangezogene Aspekt des Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht an dieser Stelle verfehlt. Da es um einen selbstständigen vertraglichen Leistungsanspruch und nicht um einen Schadensersatzanspruch geht, findet § 254 BGB keine unmittelbare Anwendung. Dies gilt erst recht, soweit ein abstraktes Schuldanerkenntnis vorliegt.
Eine solche vertragliche Kostenübernahme liegt auch in der Kostenvereinbarung im Rahmen einer Zahlungsvereinbarung zur Vermeidung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen nach der Titulierung des Anspruchs. In diesen Fällen ist aber kein Erstattungsanspruch nach § 788 ZPO gegeben, soweit die Zahlungsvereinbarung außerhalb von § 802b ZPO getroffen wird.