Claudia Wagener-Neef, Frank-Michael Goebel
Rz. 107
In der Mobiliarzwangsvollstreckung bestimmen sich die Gegenstandswerte für die anwaltliche Vergütung nach § 25 RVG.
Rz. 108
Hinweis
Die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers wird nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz mit Festgebühren vergütet. Dies gilt ebenso für die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichtes bei bestimmten Anträgen innerhalb der Mobiliarzwangsvollstreckung mit Ausnahme des Verteilungsverfahrens nach §§ 827, 872 ZPO, für das eine 0,5-Gerichtsgebühr aus der Verteilungsmasse anfällt, wenn nicht die Summe der Vollstreckungsforderungen geringer ist. Insoweit können sich die nachfolgenden Ausführungen auf die Darstellung der Gegenstandswerte für die anwaltliche Vergütung konzentrieren.
Rz. 109
Für die Bestimmung des Gegenstandswertes für die Vollstreckung einer Geldforderung ist nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG zunächst der Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der Nebenforderungen maßgeblich. § 4 ZPO gilt in der Zwangsvollstreckung also nicht. Dies gilt insbesondere für den wichtigen Fall der Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
Rz. 110
Beantragt ein Rechtsanwalt im Auftrag des Gläubigers den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem Forderungen des Schuldners gegen drei Drittschuldner gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden sollen, bezieht sich seine Tätigkeit auf drei Gegenstände. Eine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte kommt nicht in Betracht, soweit die Gegenstände wirtschaftlich identisch sind.
Rz. 111
Keine Regel bleibt aber ohne Ausnahmen. Ein anderer – in der Regel niedrigerer – Gegenstandswert ist in folgenden Konstellationen zu berücksichtigen:
Rz. 112
Soll ein ganz bestimmter Gegenstand gepfändet werden und hat dieser einen geringeren Wert, so ist der geringere Wert maßgebend.
Rz. 113
Beispiel
Der Gläubiger pfändet wegen einer Vollstreckungsforderung von 15.000,00 EUR eine Werklohnforderung des Schuldners gegen einen Dritten über 3.500,00 EUR. Der Wert der gepfändeten Forderung als bestimmter Gegenstand ist niedriger als die Vollstreckungsforderung, sodass der Gegenstandswert nach dem geringeren Wert, d.h. mit 3.500,00 EUR, zu bemessen ist. Der Rechtsanwalt erhält also
Gegenstandswert: 3.500,00 EUR
0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG |
83,40 EUR |
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG |
16,68 EUR |
Zwischensumme |
100,08 EUR |
zuzüglich 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG |
19,02 EUR |
Gesamt |
119,10 EUR |
Rz. 114
Soll künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen nach § 850d Abs. 3 ZPO gepfändet werden, nimmt § 25 Nr. 1 RVG wegen der Bewertung der noch nicht fälligen Ansprüche auf § 51 FamGKG und § 9 ZPO Bezug. Danach gilt Folgendes:
Bei gesetzlichen Unterhaltsansprüchen ist die Vollstreckungsforderung für die ersten zwölf Monate nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses maßgeblich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der Vollstreckungsforderung (wenn die Unterhaltspflicht nur für einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten tituliert ist).
Rz. 115
Beispiel
Die Gläubigerin hat einen titulierten Unterhaltsanspruch i.H.v. monatlich 451,00 EUR und pfändet deswegen das zukünftige Arbeitseinkommen des Schuldners. Der Gegenstandwert beträgt in diesem Fall nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG i.V.m. § 42 Abs. 1 GKG 12 × 451,00 EUR = 5.412,00 EUR. Der Rechtsanwalt erhält:
0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG |
117,00 EUR |
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
137,00 EUR |
Umsatzsteuer |
26,03 EUR |
Insgesamt |
163,03 EUR |
Rz. 116
Teilweise wird vertreten, dass der Mindestbetrag als Gegenstandswert (bis 500,00 EUR) heranzuziehen ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass das Entstehen der gepfändeten künftigen Forderung völlig unwahrscheinlich war, etwa weil das Arbeitsverhältnis bereits vor der Zwangsvollstreckung gelöst war. Das überzeugt jedoch nicht, weil es das Vollstreckungsrisiko allein auf den Bevollmächtigten des Gläubigers abwälzt, die tatsächlich entstehenden Kosten in keinem Fall deckt und die allgemeine Grundregel außer Betracht lässt, nach der es stets auf das Interesse der antragstellenden Partei ankommt. Die herrschende Meinung stellt deshalb in diesen Fällen richtigerweise auf den Wert der Vollstreckungsforderung ab. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der gepfändete Gegenstand wertlos ist, hat der Rechtsanwalt des Vollstreckungsgläubigers deshalb für seine Tätigkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht nur Anspruch auf die Mindestgebühr nach § 13 Abs. 3 RVG. Vielmehr richtet sich der Gegenstandswert der ihm zustehenden Gebühren (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG) nach den subjektiven Vorstellungen des Vollstreckungsgläubigers vom Wert des Vollstreckungsobjekts zu Beginn der anwaltlichen Tätigkeit, sofern diese hinreichend plausibel sind und eine nachvollziehbare tatsächliche Basis haben. Dies ist sachgerecht, weil der Schuldner zur Verminderung der Beeinträchtigungen durch die Zwangsvollstreckung jeweils durch Selbstauskünfte Sorge dafür tragen kann, dass der Gläubiger üb...