Claudia Wagener-Neef, Frank-Michael Goebel
Rz. 78
Die Vergütung wird jeweils für die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwaltes innerhalb einer Angelegenheit gezahlt. Wann verschiedene oder besondere Angelegenheiten vorliegen, ergibt sich aus §§ 17 und 18 RVG.
Rz. 79
Zu unterscheiden ist, die – zu vergütende – Vollstreckungsmaßnahme, d.h. der gesamte Vorgang zur Durchführung einer Zwangsvollstreckung, z.B. der Pfändung von Arbeitslohn und die einzelne Vollstreckungshandlung, etwa der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, die Anforderung der Drittschuldnerauskunft oder die Aktivierung der Auskunfts- und Herausgabepflicht des Schuldners nach § 836 Abs. 3 ZPO als Teilbereiche der Vollstreckungsmaßnahme. Grundsätzlich wird nur die Vollstreckungsmaßnahme als Ganzes vergütet, § 18 Nr. 1 RVG. Nach § 18 RVG können aber einzelne Tätigkeiten gebührenrechtlich eine besondere Angelegenheit darstellen und als solches die Gebühren gesondert auslösen.
Rz. 80
Beispiel
Innerhalb des Auftrages zur Mobiliarzwangsvollstreckung an den Gerichtsvollzieher, stellt das Verfahren auf Zulassung einer Austauschpfändung nach § 18 Abs. 1 Nr. 7 RVG eine besondere Angelegenheit dar, die zusätzlich zu vergüten ist. Allerdings hat für beide Verfahren auch eine gesonderte Bestimmung des Gegenstandswertes statt zu finden.
Rz. 81
Hier ist es Aufgabe des Rechtsanwalts oder des Inkassodienstleisters darauf zu achten, dass er die Gebühren und Auslagen, die letztlich über § 788 ZPO vom Schuldner zu tragen sind, auch geltend macht.
Rz. 82
Hinweis
Die Frage, ob verschiedene Angelegenheiten vorliegen, hat vor allem auch für die Übergangsbestimmung des § 60 RVG zum 1.1.2021, dem Inkrafttreten des KostRÄG 2021 Bedeutung. Für jede Angelegenheit ist die Übergangsbestimmung gesondert zur Anwendung zu bringen.
Rz. 83
Checkliste: Besondere Angelegenheiten i.S.d. RVG in der Zwangsvollstreckung
Besondere Angelegenheiten in der Zwangsvollstreckung nach § 18 RVG sind u.a.:
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jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers, § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG HinweisZu den Vollstreckungsmaßnahmen zählt auch bereits die Informationsbeschaffung zur Vorbereitung der Vollstreckungshandlung, wie etwa die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis oder die Zahlungsaufforderung an den Schuldner mit Vollstreckungsandrohung. Zahlt der Schuldner also nach einer dieser Handlungen und noch vor der eigentlichen Beantragung der Vollstreckungsmaßnahme, so ist gleichwohl eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG nebst den Auslagen angefallen, da der Auftrag zur Einleitung der Zwangsvollstreckung bereits vorlag. Zur Erstattungsfähigkeit der Anwaltsvergütung bedarf es einer Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels an den Schuldner nicht. Anderes gilt nur in den Fällen des § 798 ZPO. |
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Bei den Verfahren zur Einholung von Drittauskünften (§ 802l ZPO) und gütlicher Erledigung (§ 802b ZPO) ergaben sich in den letzten Jahren unterschiedliche Auffassungen, ob diese Verfahren eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG begründen oder im Zusammenhang mit dem im Kontext stehenden Maßnahme, wie z.B. das Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft, stehen. Nur über § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG wäre eine besondere Angelegenheit begründbar, weil in den in § 18 Abs. 1 RVG weiter genannten Nummern weder die Verfahren auf Einholung von Drittauskünften noch die gütliche Erledigung über den Gerichtsvollzieher explizit zu finden sind. Bei den in § 802a ZPO aufgeführten Regelbefugnissen des Gerichtsvollziehers sind in Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 die gütliche Erledigung, die Vermögensauskunft des Schuldners und die Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners als gesonderte Maßnahmen aufgeführt, was dafürspricht, dass sie auch in Bezug auf die anwaltliche Gebühr i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG als jeweils eine besondere Angelegenheit zu betrachten sind. HinweisDer BGH hat diese Fragen nun aber höchstrichterlich geklärt:
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Zu den Drittauskünften (§ 802l ZPO) hat der BGH entschieden, dass dieses Verfahren eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG darstellt. |
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Hinsichtlich der gütlichen Erledigung (§ 802b ZPO) vertritt der BGH die Auffassung, dass nur dann eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG vorliegt, wenn der Antrag nach § 802b ZPO isoliert und nicht in Kombination mit einer anderen Vollstreckungsmaßnahme gestellt wird. Insoweit muss erwogen werden, Anträge eben isoliert und nicht kombiniert zu stellen. |
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Der Gesetzgeber hat mit den nachfolgenden Gesetzesbeschlüssen keinen Anlass gesehen, eine davon abweichende Entscheidung zu treffen:
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jedes Beschwerdeverfahren und jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers mit Ausnahme solcher Rechtsmittel im Kostenfestsetzungsverfahren, § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG BeispielDer Rechtsanwalt beantragt für den Gläubiger den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Der Rechtspfleger lehnt den An... |