Claudia Wagener-Neef, Frank-Michael Goebel
A. Einleitung
Rz. 1
Die Kosten der Zwangsvollstreckung setzen sich einerseits aus den Gebühren und Auslagen des Vollstreckungsorgans – aus Sicht der Vollstreckungsparteien als Drittauslagen bezeichnet – und andererseits aus den außergerichtlichen Gebühren und Auslagen der Bevollmächtigten der Vollstreckungsparteien zusammen. Dazu können Auslagen kommen, um etwa den Aufenthalt, Einkommen und das Vermögen sowie etwaige Bonitätsnegativmerkmale des Schuldners zu ermitteln, ein Gebäude zu räumen oder gepfändete bzw. geräumte Gegenstände einzulagern. Vollstreckungsgläubiger und Vollstreckungsschuldner können daneben Kosten in Rechtsmittelverfahren entstehen. Letztlich sind dem Drittschuldner entstandene Kosten zu berücksichtigen.
Rz. 2
Die nachfolgenden Ausführungen unter B sollen die entsprechenden Kostenvorschriften im vollstreckungsrechtlichen Kontext vorstellen und praxisorientiert deren Inhalt wiedergeben. Dabei sollen die Kosten von Rechtsmittelverfahren und die Kosten des Drittschuldners einer gesonderten Betrachtung unterzogen werden. Im Rahmen eines Anwaltformularbuchs kann notgedrungen nur ein Überblick gegeben werden. Wegen spezieller Problemlagen muss auf die Spezialliteratur verwiesen werden. Anliegen der nachfolgenden Ausführungen ist es, die Struktur und Berechnungsweise in ihren Grundlagen darzustellen. Ziel ist es, den Leser in die Lage zu versetzen, eine Kosten-/Nutzen-Abwägung zu treffen. Soweit die angefallenen Kosten notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung darstellen, soll in Abschnitt B erläutert werden, wie diese gegenüber dem primär haftenden Schuldner nach § 788 ZPO geltend gemacht werden können.
In Teil C werden dann in gewohnter Weise die erforderlichen Muster dargestellt, damit eine praxisgerechte Umsetzung der Kostenerstattung erleichtert wird.
B. Rechtliche Grundlagen
I. Gebühren und Auslagen des Vollstreckungsorgans
1. Gerichtsvollzieherkosten
Rz. 3
Als Teil der Novelle des gesamten Kostenrechtes ist schon am 1.5.2001 das Gesetz über die Kosten der Gerichtsvollzieher vom 19.4.2001 in Kraft getreten. Das Gesetz musste zur Harmonisierung mit anderen gesetzlichen Vorschriften und zur Beseitigung von Mängeln schon mehrfach geändert werden. Eine umfassende Änderung erfolgte durch das 2. KostRModG zum 1.8.2013, mit der eine Gebührensteigerung um durchschnittlich mehr als 30 % verbunden war. Im Rahmen der Stellungnahmen zu dem KostRÄG 2021 haben die Länder bereits begehrt, dass auch die Gerichts- und Gerichtsvollziehergebühren eine Anhebung erfahren sollten, um eine Kompensation der durch die Länder zu tragenden Mehrbelastung in den Fällen der zu übernehmenden Vergütungen der Verfahrens-/Prozesskostenhilfe zu erreichen. Dem ist der Gesetzgeber jedoch noch nicht in dem KostRÄG 2021 – mit Ausnahme bei der Räumungsvollstreckung in den Nr. 240 und 241 GvKostG – gefolgt; allerdings mit dem Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 5.10.2021. Mit der zuletzt genannten und zum 1.11.2021 in Kraft getretenen Änderung haben sich die Gerichts- und Gerichtsvollziehergebühren um ca. 10 % erhöht.
Hinweis
Das Kostenrecht ist auch stets in seiner Historie zu betrachten, da die Berücksichtigung einer Kostenposition jeweils aus der Perspektive ihres Entstehens (ex-ante) erfolgt. Da die Kosten nach § 197 Abs. 1 Nr. 6 ZPO auch frühestens nach 30 Jahren verjähren, ist regelmäßig keine Kostenfestsetzung erforderlich. Im Rahmen der ZVFV 2022 und den hier eingefügten neuen Formularen umfasst die als Anlage ausgestaltete Aufstellung der Vollstreckungskosten also regelmäßig Kostenpositionen verschiedener Rechtslagen.
Rz. 4
Das Gerichtsvollzieherkostengesetz 2001 sollte das Kostenrecht strukturell einfacher gestalten und die umfangreiche Kostenrechtrechtsprechung reduzieren. Das Gesetz regelt deshalb die einzelnen Gebührentatbestände nach dem Vorbild inzwischen aller Kostengesetze in einem Kostenverzeichnis, was zu einer größeren Übersichtlichkeit führt. Gleichwohl ist eine Vielzahl von Streitfragen geblieben. Auch ist die gesetzliche Lösung nicht immer befriedigend, insbesondere weil die erfolgreiche Vollstreckung nicht konsequent belohnt wird und die erfolglose Vollstreckung nicht immer günstiger zu vergüten ist; dies auch deshalb, weil es eine Obergrenze für den Anteil des Gerichtsvollziehers an den Gebühren und Auslagen gibt. Auch das 2. KostRModG hat hier keine Abhilfe geschaffen, obwohl es Hinweise auf die Problematik gab. Ansätze vergangener Legislaturperioden, das Gerichtsvollzieherwesen zu privatisieren, dürfen als endgültig gescheitert angesehen werden. Mit der zuletzt geregelten Anpassung des GvKostG zum 1.11.2021 sind systemrelevante Änderungen ebenfalls nicht erfolgt....