a) Begriff des Versicherungsbeginns
Rz. 317
Der Krankenversicherungsvertrag kommt gem. §§ 145 f. BGB durch Angebot und Annahme zustande. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Versicherers sind bei Antragstellung dem Versicherer auszuhändigen (sog. Antragsmodell).
Rz. 318
Die Möglichkeit, die Versicherungsbedingungen bzw. die Verbraucherinformation nach § 7 Abs. 1 VVG mit dem Versicherungsschein nachzusenden (sogenanntes Policenmodell), besteht nach dem neuen VVG nicht mehr.
Rz. 319
Für eine wirksame Einbeziehung von AVB ist deren vorherige Aushändigung erforderlich. Der Zugang der Unterlagen ist vom Versicherer nachzuweisen.
b) Begriffsbestimmungen
Rz. 320
Der Versicherungsbeginn ist in § 2 MB/KK mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt definiert. § 2 MB/KK regelt den materiellen Versicherungsbeginn und bezeichnet ihn als Beginn des Versicherungsschutzes, der dann vorliegt, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen: technischer Versicherungsbeginn, formeller Versicherungsbeginn sowie Ablauf der Wartezeiten.
Rz. 321
Unter dem technischen Versicherungsbeginn versteht man den Zeitpunkt, ab dem der Versicherungsnehmer die vereinbarte Prämie zu entrichten hat, der im Versicherungsschein als Versicherungsbeginn bezeichnet wird.
Rz. 322
Dieser bestimmt den Beginn eventuell vereinbarter Wartezeiten, das die Prämienhöhe mitbestimmende Eintrittsalter, auch das Versicherungsjahr.
Rz. 323
Soweit bei Antragstellung der technische Versicherungsbeginn so gelegt wird, dass er vor Vertragsannahme liegt, kommt es zu einem Auseinanderfallen von technischem und formellen Versicherungsbeginn mit der Folge, dass für einen bereits prämienbelasteten Zeitraum noch kein Versicherungsschutz besteht. Mit der Vorverlegung des technischen Versicherungsbeginnes kann ein günstigeres Eintrittsalter oder ein früherer Beginn der Wartezeiten erreicht werden.
Rz. 324
In Bezug auf das dem Krankenversicherungsvertrag zugrunde liegende Dauerschuldverhältnis sind folgende drei Zeiträume zu unterscheiden:
▪ |
Formelle Versicherungsdauer (Dauer der schuldrechtlichen Verbindung von Versicherungsnehmer und Versicherer) |
▪ |
Materielle Versicherungsdauer (Dauer der materiellen Gefahrtragung des Versicherers) |
▪ |
Technische Versicherungsdauer (Dauer des prämienbelasteten Zeitraumes). |
c) Wartezeiten
Rz. 325
Der Beginn des Versicherungsschutzes ist zudem vom Ablauf der Wartezeiten abhängig, die in § 3 MB/KK eine umfassende Wartezeitenregelung enthält, die in § 197 VVG aufgegriffen wurde. Längere Wartezeiten können mithin nicht wirksam vereinbart werden.
Rz. 326
Gemäß § 3 Abs. 1 MB/KK bzw. § 197 Abs. 1 VVG beträgt die allgemeine Wartezeit drei Monate und die besondere Wartezeit betreffend Entbindung, Psychotherapie, Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kieferorthopädie acht Monate.
Rz. 327
Die allgemeine Wartezeit entfällt bei Unfällen und für den Ehegatten oder den Lebenspartner gem. § 1 Lebenspartnerschaftsgesetz einer mindestens seit drei Monaten versicherten Person, sofern eine gleichartige Versicherung innerhalb zwei Monaten nach Eheschließung bzw. Eintragung der Lebenspartnerschaft beantragt wird.
Rz. 328
Im Übrigen können die Wartezeiten durch vertragliche Vereinbarung erlassen werden, insbesondere wenn ein ärztliches Zeugnis für den Gesundheitszustand vorgelegt wird.
Rz. 329
Zudem bestehen Anrechnungsregelungen betreffend Wartezeiten bei Tarifwechsel. Nur hinsichtlich einer eventuell mit dem Tarifwechsel verbundenen Mehrleistung ist dann die Wartezeit nicht anzurechnen und zu beachten.
Rz. 330
Über die Regelungen in den MB/KK hinaus bestimmt § 197 Abs. 2 VVG die Anrechnung der Wartezeit bei Personen, die aus der GKV ausscheiden oder die aus einem anderen Vertrag über eine Krankheitskostenversicherung ausgeschieden sind, im Hinblick auf die ununterbrochen zurückgelegte Vorversicherungszeit, sofern die Versicherung spätestens zwei Monate nach Beendigung der Vorversicherung zum unmittelbaren Anschluss daran beantragt wird. Gleichermaßen gilt dies auch für Personen, die aus einem öffentlichen Dienstverhältnis mit Anspruch auf Heilfürsorge ausscheiden.
Rz. 331
Bei Neugeborenen und adoptierten Kindern beginnt der Versicherungsschutz gem. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 MB/KK ohne Wartezeiten "ab Vollendung der Geburt" bzw. "im Zeitpunkt der Adoption" soweit die Anmeldefrist von zwei Monaten eingehalten wurde und entsprechender Versicherungsschutz des versicherten Elternteils zuvor drei Monate bestand. Nach neuem VVG bedarf es nur noch einer Anmeldung, also keines Antrages mehr. Entsprechend ist dies in § 198 VVG geregelt. Dem Versicherer steht nach neuem VVG nur noch eine taggenaue Prämie ab Vollendung der Geburt bzw. ab Zeitpunkt der Adoption zu.
Rz. 332
In diese Versicherung mit einbezogen sind sämtliche Krankheiten, mit denen das Neugeborene zur Welt kommt, also auch Erbkrankheiten, Geburtsschäden u.a. Ob der Versicherungsschutz, der nach § 2 Abs. 2 MB/KK "unmittelbar nach der Geburt" beginnt, hierdurch Krankheiten infolge von Schädigungen während der Geburt ausschließen will, erscheint zweifelhaft, wäre jedoch wohl systemwidrig, da b...