Rz. 705
Nach § 4 Abs. 4 MB/KT besteht für den Versicherer die Möglichkeit der Kürzung des Krankentagegeldes für die Zukunft, wenn er von einer Reduzierung des Nettoeinkommens Kenntnis erhält. Allerdings hat der BGH inzwischen festgestellt, dass § 4 Abs. 4 MB/KT 2009 in der damaligen Fassung, also entsprechend den vom Verband empfohlenen MB/KT bis Stand 07/2013, wegen Intransparenz unwirksam ist, wobei die Intransparenz damit begründet wurde, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer schon nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen kann, welcher Bemessungszeitpunkt und -zeitraum für den gebotenen Vergleich des dem Vertrag ursprünglich zugrunde gelegten Nettoeinkommens mit dem gesunkenen Nettoeinkommen maßgeblich sein soll und wie sich dieses Nettoeinkommen bei Selbstständigen zusammensetzt.
Soweit sich aber aus den vereinbarten Tarifbedingungen insoweit eindeutige Regelungen in Konkretisierung des § 4 Abs. 4 MB/KT entnehmen lassen, bestehen keine grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken. Es verbleibt grundsätzlich bei der Möglichkeit einer Herabsetzung von versichertem Krankentagegeld und Prämie.
Denn nach Ansicht des BGH führt das Herabsetzungsrecht für die Zukunft ausdrücklich nicht zu einem Verstoß gegen das Symmetriegebot von Preis und Leistung, da die Herabsetzung des Krankentagegeldes immer zugleich eine Verringerung des Beitrags zur Folge hat. Dem Urteil kann allerdings entnommen werden, dass für den Fall der Herabsetzung von Tagegeldsatz und Beitrag dem Interesse des Versicherungsnehmers an einer Erhöhung des Tagesgeldsatzes (ohne Gesundheitsprüfung) bei wieder steigendem Einkommen ausreichend Rechnung zu tragen sein muss.
Rz. 706
Es sind durchaus vertragliche Regelungen denkbar, die ein wirksames Herabsetzungsrecht enthalten. Die Assekuranz hat umgehend reagiert und die Krankentagegeldbedingungen für Neuverträge geändert, um den Anforderungen an Transparenz und Regelungen zu Krankentagegelderhöhungen bzw. Anwartschaftsversicherungen Genüge zu tun.
Rz. 707
Ob dies immer auch tatsächlich gelungen ist, erscheint fraglich.
Auch gegen § 4 Abs. 4 MB/KT 2009, ab Stand 06/2017 und damit auch in der aktuellen Fassung Stand 06/2024, werden nach wie vor Wirksamkeitsbedenken erhoben.
Denn der Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Versicherer ist für den Versicherungsnehmer nicht sicher zu überprüfen. Gerade eine Kenntniserlangung vor oder nach einem Jahreswechsel kann zu erheblichen Veränderungen in der Höhe des Einkommens und damit der Beurteilungsgrundlage führen.
Auch die jetzige Regelung lässt nach diesseitiger Auffassung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erkennen, dass Maßstab für etwaige Herabsetzungsverlangen die ursprünglich zum Vertragsbeginn vorliegende Einkommenssituation ist, deren Bezugspunkt sich gegebenenfalls durch nachgelagerte Anpassungen verändert haben könnte und dann ihrerseits wieder zum Maßstab für weitere Herabsetzungsverlangen des VR heranzuziehen wäre.
Rz. 708
Ein Recht auf Wiederheraufsetzung des Krankentagegeldes oder zumindest die Möglichkeit einer Anwartschaftsversicherung für den Krankentagegeldbetrag, der der Herabsetzung unterlag, wurde zudem wiederum nicht in die MB/KT aufgenommen, auch wenn dies an sich eine Selbstverständlichkeit sein sollte.
Ob auch spiegelbildlich ein Angebot zum Anschluss einer Anwartschaftsversicherung für den Zeitraum der Veränderung unterbreitet werden muss, falls nicht ohnehin ein Antragsrecht zur Wiederanhebung des Krankentagegeldsatzes eingeräumt wird, ist rechtlich noch ungeklärt.
Insoweit bietet sich allerdings ein Rückgriff auf die rechtlichen Überlegungen des BGH zur vermeintlichen Beendigung nach § 15 Abs. 1 MB/KT an, nachdem auch die Herabsetzung des Krankentagegeldes letztendlich einen ansonsten gleichermaßen eintretenden Teilverlust von Versicherungsschutz und neuen Eindeckungsmöglichkeiten zu gleichen Konditionen (ohne Gesundheitsprüfung mit demselben Eintrittsalter) beinhaltet.
Nach hier vertretener Auffassung folgt aus der fehlenden Regelung zur Anwartschaftsversicherung allerdings nicht die Unwirksamkeit eines Herabsetzungsrechtes an sich, sondern in Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung zu § 15 Abs. 1 a und b MB/KT nur eine temporäre Leistungsfreiheit des Versicherers für den Krankentagegeldbetrag, auf den sich die Herabsetzung bezog – auch ohne Anwartschaftsversicherung.
Rz. 709
Die Nichtregelung des Begriffs des Nettoeinkommens in § 4 MB/KT mit dem Verweis auf die Tarifbedingungen, begegnet an sich keine Bedenken. Ein Herabsetzungsrecht setzt allerdings voraus, dass die Tarifbedingungen das Nettoeinkommen ihrerseits dann transparent definieren.
Bei einem selbstständig tätigen Versicherungsnehmer muss bei Vertragsbeginn feststehen, was der Versicherer unter Nettoeinkommen versteht und inwieweit er im Falle einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit abgesichert ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der selbstständig Tätige mit seiner beruflichen Tätigkeit auch die laufenden Geschäftskosten verdient, die allerdings auch...